Haben Sie als Restaurator:in schon einmal über den professionellen Einsatz einer Drohne nachgedacht? Gibt es Aufträge, bei denen der Blick aus der Vogelperspektive die Arbeit wesentlich erleichtern könnte? Ferngesteuerte Drohnen, die an oder auch in Denkmalen fliegen und etwa schwer zugängliche Stellen des Mauerwerks fotografisch erfassen, sind längst keine Seltenheit mehr. Die Westfassade des Kölner Doms wurde 2020 auf diese Weise erfasst. Während eine ferngesteuerte Drohne systematisch an den Doppeltürmen entlang flog, machte sie rund 30.000 hochauflösende Fotos. Schäden und reparaturbedürftige Stellen können auf diese Weise leicht erkannt werden. Auch das Erstellen eines detaillierten 3D-Modells am Computer ist möglich.
Aber auch in weniger großen Höhen oder an weniger bekannten Objekten werden Drohnen eingesetzt. Wann das unternehmerisch sinnvoll ist, welche Regeln und Gesetze einzuhalten sind und welche Nachweise benötigt werden, soll jetzt in einem Webinar geklärt werden. Für die Online-Veranstaltung, die der VDR für seine Mitglieder kostenlos anbietet, konnte der erfahrene Drohnen-Pilot Michael Radeck gewonnen werden. Michael Radeck ist Ausbilder an der Multikopterschule XMS in der Nähe von München und kennt sich mit der deutschen Drohnen-Verordnung und dem EU-Drohnenführerschein bestens aus.
Michael Radeck: „Im Webinar geben wir einen Überblick darüber, welche Drohnen am Markt sind und welche Führerscheinanforderungen es gibt. Hierzu gehört auch das Thema Arbeitsschutz, die Unternehmerpflichten und welche Auflagen zu beachten sind, zum Beispiel für Angestellte, oder wenn man einen Dienstleister beauftragt. Wir zeigen an Beispielen, welche Sicherheitsmaßnahmen und gesetzliche Auflagen drinnen und draußen greifen und wer Praxisfachkundenachweise vorlegen muss.
Hier gibt es unserer Erfahrung nach leider noch große Wissenslücken, was immer dann problematisch wird, wenn etwas schiefgeht. Der allergrößte Teil der Personen, die sich einfach eine Drohne kaufen, wissen nicht, was sie tun. Sie haben gehört, dass sie für eine Drohne unter zwei Kilogramm keinen Führerschein brauchen, aber dass es neben dem Luftfahrt Bundesamt auch die rechtlichen Anforderungen der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gibt und sie zum Beispiel einen Fachkundenachweis brauchen, ist ihnen nicht bekannt.
Wir können auch aus der denkmalpflegerischen Praxis berichten. In einem großen Projekt in Landshut musste ein 132 Meter hoher Kirchturm aus Backstein mit starken Witterungsschäden saniert werden. Wir haben dann den Turm und das Tor fotogrammetrisch erfasst und 2.400 Fotos in drei Tagen gemacht. Daraus ist ein komplettes 3D-Modell in hoher Auflösung entstanden. An diesem Beispiel kann man auch sehen, inwieweit Drohnen Zeit und Geld einsparen können. Der Aufbau eines Gerüsts wäre um mindestens den Faktor 5 teurer geworden.“
Aus der restauratorischen Praxis kann Alexander Gatzsche berichten. Seit rund fünf Jahren unterstützt ihn eine eigene Drohne bei der Arbeit im In- und Ausland. Zusammen mit seiner Frau Irene Pamer, ebenfalls Restauratorin und Archäologin, schafften sie sich 2016 für ihr Unternehmen culturARTis eine eigene Drohne an.
Alexander Gatzsche: „Man muss sich natürlich überlegen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, eine Drohne zu kaufen. Aber da wir viel in der Photogrammetrie und digitalen 3D-Technologie arbeiten, kann eine Drohne hier sehr nützlich sein. Dann sollte man sich darüber informieren, welche Regelungen es zu beachten gilt und auch zum Beispiel über Fähigkeitsnachweise, Flugverbotszonen oder eine Drohnenhaftpflicht Bescheid wissen.
Wir haben uns dann für ein Modell entschieden – eine DJI Phantom 4 – und sind mit ihr zuerst zu Hause als Training im Treppenhaus und an der Hauswand geflogen. Für die Steuerung einer Drohne braucht man schon ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, vor allem in Innenräumen. So kann es auch vorkommen, dass sich eine Drohne an der Decke "festsaugt" und so gegebenenfalls Malereien oder Stuck zerstört. Es kann daher sinnvoll sein, dass man zu zweit arbeitet, wobei der eine auf die Drohne und der andere auf den Monitor schaut. Inzwischen haben wir die Drohne gut in unseren Arbeitsalltag integriert und sie zum Beispiel im Sudan oder Zypern bei heftigem Wind eingesetzt, aber auch über Schloss Bieberstein in Bieberstein (Sachsen) fliegen lassen, als nach einem großen Sturm die Schäden aufgenommen werden mussten. Ein Drohnenflug ist in solchen Fällen immer günstiger als ein Gerüst aufzubauen und der Bericht konnte so direkt mit dem Landesdenkmalamt und der Versicherung abgestimmt werden. Wir setzen unsere Drohnen für die rein optische Begutachtung ein, für das Monitoring von Großbereichen, die Vermessung von Denkmalen und die archäologische Befunddokumentation.
Ich bin der Meinung, dass moderne Technologien wie die Photogrammetrie, also die berührungslose Vermessung eines Objektes und die 3D-Modellierung in den Restaurierungsstudiengängen früher und ausgiebiger angeboten werden müssten und damit auch die Möglichkeit eines Drohneneinsatzes. Die Studierenden sollten die Gelegenheit bekommen, sich mit der Technik möglichst früh vertraut zu machen. Nur so lernt man einzuschätzen wann und wie diese moderne Technologie sinnvoll eingesetzt werden können, eben auch für eine mögliche Selbstständigkeit mit einer soliden wirtschaftlichen Basis.“
Weitere Informationen und Anmeldung zum Webinar am 30. Juni 2021 mit Michael Radeck
„THEMA | heute #2 Drohneneinsatz in der Restaurierung“
Bildnachweis: Alle Fotos von Alexander Gatzsche