Der Entwurf des neuen Denkmalschutzgesetzes in Nordrhein-Westfalen sieht die Abschaffung der sog. „Benehmensfindung“ zwischen unteren und oberen Denkmalschutzbehörden vor. Die damit verbundene Entmachtung der Fachämter droht, kurzfristige Gewinnerwartungen über den Schutz des Denkmals zu stellen. Unter den Akteuren am Denkmal regt sich breiter Widerstand gegen die Initiative.
Auch der VDR sieht in der Abschaffung der Einspruchsmöglichkeiten der oberen Denkmalschutzbehörden eine Gefahr für das Kulturgut und hat eine Stellungnahme an das zuständige Landesministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung verschickt.
Ein Kommentar von Paul Grasse, berufspolitischer Sprecher des VDR:
"Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat im März 2021 den Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für NRW veröffentlicht. An Denkmalschutz und -erhaltung Beteiligte sind alarmiert und legen Protest ein.
Die Neufassung des Gesetzes verliert den Schutz von Denkmal und Kulturgut aus dem Blick. Insbesondere von der nachhaltigen Schwächung der Fachlichkeit und der Privilegierung fachfremder Interessen und einzelner Interessengruppen geht eine ernsthafte Gefährdung des kulturellen Erbes in NRW aus, denn die sogenannte „Benehmenspflicht“ der oberen Denkmalschutzbehörden soll vollständig entfallen. Das heißt, dass die unteren Denkmalschutzbehörden, die meist nicht mit Fachleuten besetzt sind und oft unter starken lokalem Druck stehen, allein und ohne Rücksprache mit den Fachämtern darüber entscheiden dürfen, was ein Denkmal ist und was nicht. Indem die Expertise der Denkmalfachämter im Bereich der Baudenkmalpflege nicht mehr abgerufen wird, verlieren die Denkmäler ihre nicht weisungsgebundenen und von politischer Einflussnahme unabhängigen Fürsprecher. Der vorgelegte Gesetzesentwurf ist nicht etwa modern, sondern fällt deutlich hinter etablierte Standards zurück und gibt kurzfristigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten offenkundig Vorrang.
Zum Denkmalschutz-Bündnis haben sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V., der Verband Deutscher Kunsthistoriker, der Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denkmalpflege e.V., der Verband der Restauratoren e.V., der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., der Westfälischer Heimatbund e.V. und die Deutsche Burgenvereinigung e.V. zusammengeschlossen.
Das Denkmalschutz-Bündnis sieht keine Notwendigkeit für eine komplette Neuaufstellung des Gesetzes und plädiert allenfalls für Modifikationen des seit Jahrzehnten bestehenden Gesetzes in Einzelaspekten. Dazu haben alle Organisationen ihre Unterstützung angeboten – die Regierung hat diese bisher jedoch nicht in Anspruch genommen.
„Hanebüchen“ seien Befürchtungen, das vorgelegte Gesetz führe zu einer Gefährdung des Denkmalschutzes, so lässt sich das federführende Ministerium für Heimat und Bauen von Frau Ministerin Scharrenbach in der Neuen Ruhr Zeitung zitieren. Nachdem es alle nun am Bündnis beteiligten Organisationen zu Kommentaren und zur Mitarbeit aufgerufen hatte, will das Ministerium von Kritik nun nichts mehr wissen, disqualifiziert die Einwände und beruft sich auf nicht genannte „Experten“. Leider hat bislang einzig die SPD Widerspruch angemeldet.
Auch der am Denkmalschutz-Bündnis beteiligte VDR hat sich mit einem Schreiben an die zuständige Ministerin gewandt. Wir hoffen, dass sich sowohl in den Regierungsfraktionen als auch in der Opposition genügend Stimmen finden, die der Erhaltung des Denkmals gegenüber kurzfristigen Gewinninteressen Priorität einräumen und sich gegen das Gesetz stellen.
Den postulierten Widerspruch zwischen einer angemessenen Nutzung bzw. Umnutzung und dem Denkmalschutz sehen wir nicht. Wir widersprechen jedoch der im Gesetzesentwurf erkennbaren beabsichtigten Unterordnung der Pflicht zum Erhalt des kulturellen Erbes unter ökonomische Interessen. Es ist durchaus möglich, eine angemessene Nutzung mit dem Erhalt von Kulturdenkmälern in Einklang zu bringen und diese auch angemessen zu fördern. Das wäre die Aufgabe der Landesregierung – und nicht die Bagatellisierung des Denkmalschutzes und die damit verbundene ultimative Drohung des Abrisses von Denkmälern, die sich nicht wirtschaftlich vermarkten lassen."
Entwurf für eine Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes
Stellungnahme des VDR zum Entwurf des Denkmalschutzgesetzes in NRW