Die Textilrestaurierung an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle wird zum Jahresende geschlossen. Das geht aus der Pressemeldung der Kunsthochschule vom 13. November sowie einer Meldung der Deutschen Presseagentur dpa hervor (u.a. nachzulesen in der ZEIT).
Die Hochschulleitung gibt an, dass sie sich wegen rückläufiger Aufträge dazu entschlossen habe, sich vom 2014 übernommenen Bereich der Textilrestaurierung, geführt als Betrieb gewerblicher Art, zu trennen.
In der Pressemeldung der Hochschule erläutert Linda Baasch, Kanzlerin der Hochschule, die Entscheidung wie folgt: „Aufgrund der gewerblichen Ausrichtung muss die Textilrestaurierung finanziell unabhängig von der Hochschule sein, sie darf keine Verluste erwirtschaften.“ Weiter heißt es, dass die Textilrestaurierung, die 2014 von der ehemaligen staatlichen Textil- und Gobelinmanukfaktur Halle GmbH 2014 zu großen Anteilen unter das Dach der Kunsthochschule wechselte, zunächst erfolgreich Aufträge angenommen habe. Unter Corona seien die Aufträge dann aber fast komplett zum Erliegen gekommen und die Auftragslage habe sich nicht so weit stabilisieren können, um für die wirtschaftliche Sicherheit nachhaltig Erträge zu sichern.
Als Beispiel für die erfolgreichen Aufträge wird in der Pressemitteilung der spektakuläre Großauftrag von 2016-2019 genannt, bei dem die Textilbehänge für das Paradeschlafzimmer August des Starken im Dresdner Residenzschloss fadengenau rekonstruiert wurden.
Handgemachte Textilien wie vor 400 Jahren – das war ein Großauftrag mit einem Finanzvolumen von 1,3 Millionen, der in der Branche sicherlich Seltenheitswert haben dürfte, denn beim Restaurieren von Denkmalen und Schlössern liegt der Fokus naturgemäß eher im Bewahren und weniger im Rekonstruieren ganzer Räumlichkeiten. Dass nach diesem ungewöhnlichen Großauftrag keine weiteren Rekonstruktions-Aufträge mit vergleichbarer Finanzkraft nachkommen, dürfte aus fachlicher Sicht zu erwarten gewesen sein.
Selbstverständlich ist uns bewusst, dass in der Pandemie Aufträge aus öffentlicher Hand zunächst zurückgehalten und verschoben wurden. Als Berufsverband wundert es uns allerdings, dass es nach Corona fast keine Aufträge mehr gegeben haben soll, denn von anderer Seite kennen wir den enormen Bedarf an Textilrestaurator:innen. Deutschlandweit sind Restaurator:innen dieser Fachrichtung sehr gefragt. Auftraggeber:innen müssen oftmals Textilfachleute heranziehen, die hunderte Kilometer entfernt ihre Wirkungsstätte haben.
Für Großprojekte wie zum Beispiel die Konservierung und Restaurierung von Wandbespannungen, wie sie in allen Schlössern der Bundesrepublik zu finden sind, benötigen Schlösserverwaltungen und Denkmalämter fortwährend gut ausgestattete Werkstätten mit weitläufigen Räumlichkeiten und ausreichender Infrastruktur – so wie in Burg Giebichenstein. Nur ganz wenige solcher Orte gibt es in Deutschland.
Der Verlust der Textilrestaurierung in Halle macht uns als Verband sehr betroffen, denn damit geht ein Kompetenzzentrum verloren, das es vermochte, auch Großformate adäquat unterzubringen und für die Nachwelt zu bewahren.
Die Schließung hat aus unserer Sicht somit Tragweite weit über den Standort Sachsen-Anhalt hinaus und geht letztlich zulasten unseres gemeinsamen Kulturgutes.
Daher hätten wir uns an dieser Stelle eine frühzeitige offene Kommunikation über auftretende Probleme innerhalb unserer recht übersichtlichen Branche gewünscht, einen Austausch der Hochschulleitung mit der Landeshoheit und entsprechenden Fachämtern. So hätten möglicherweise andere Lösungen gefunden werden können als das Schließen der Textilrestaurierung.