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Tagung: Stilistische Einflüsse süddeutscher Künstler auf die norddeutsche Kunst des Spätmittelalters
18. Oktober - 19. Oktober
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Stilistische Einflüsse süddeutscher Künstler wie Tilman Riemenschneider, Hans Leinberger und Erhart Altdorfer auf die norddeutsche Kunst des Spätmittealters – Fachtagung mit Exkursion – Klosterstift Marienfließ in Stepenitz (Landkreis Priegnitz, Brandenburg) am 18. und 19. Oktober 2024
Freitag, 18. Oktober – Vorträge
09:15 Uhr Begrüßung Priorin Almut Kautz
Grußworte
Amtsrestauratorin BLDAM – Dörte Busch
Kunstgutbeauftragte Nordkirche – Antje Heling-Grewolls
Geschäftsführerin Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V. – Anne Haertel
09:50 Uhr
Einführungsvorträge
Detlef Witt I Katzenow
Viele Werke – viele Fragen – spätmittelalterliche Kunstwerke in Mecklenburg und Vorpommern – Erfahrungen aus der Kunstguterfassung.
Während sich in der Küstenregion mit Wismar, Rostock und Stralsund insbesondere im 15. und frühen 16. Jahrhundert zumindest annäherungsweise Retabelwerkstätten greifen lassen, ist die Situation im Binnenland schwieriger. Erhalten ist eine größere Zahl an mehr oder weniger fragmentarisch Einzelwerken, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweisen. Ein Beispiel sind die in Mecklenburg-Vorpommern erhaltenen Vesperbilder, die meist nur als Torso mit verlorenen Fassungen überkommen sind. Von den rund 20 im Land verstreut erhaltenen Stücken scheinen nicht zwei aus derselben Werkstatt zu kommen. Bei einigen Retabeln dagegen gibt es deutliche Hinweise auf eine serienhafte Produktion.
10:15 Uhr
Gordon Thalmann I Perleberg
Werk und Rezeption „Claus Berg, Hans Leinberger & Benedikt-Meister“ – Zur Verortung von Künstlern und Werkstätten sowie Vermittlung der stilistischen Formen.
Neue kunsthistorische und naturwissenschaftliche Untersuchungen an spätmittelalterlichen Altarretabeln und Skulpturen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zeigen erstaunliche Zusammenhänge in Werk und Rezeption. Die Vermittlung stilistischer Formen und Stile aus Süd- und Mitteldeutschland in den norddeutschen Raum ist nach wie vor ein offenes Forschungsfeld, in dem es bislang mehr Fragen als Antworten gibt. In diesem Vortrag sollen neuste Erkenntnisse und Überlegungen zur Verortung von Künstlern und Werkstätten sowie Vermittlung der stilistischen Formen über verschiedene Retabelgruppen vorgestellt werden. Im Fokus stehen dabei bedeutende Künstler wie Claus Berg, Hans Leinberger und der Hildesheimer Benedikt-Meister, die ihren Stil über unterschiedliche Wege in die mittelalterlichen Kunstlandschaften einbrachten.
10:45 Uhr
Kaffeepause
I Sektion – Beiträge zum kulturgeschichtlichen Hintergrund
11:00 Uhr
Tilo Schöfbeck I Schwerin
Das älteste Chorgestühl Deutschlands. Ein Überraschungsfund in der Dorfkirche Gägelow bei Sternberg (Mecklenburg-Vorpommern).
Nach über 150 Jahre Kunstguterforschung lassen sich immer noch überraschende Entdeckungen machen. So gelang es in diesem Jahr das älteste bisher sicher datierte Chorgestühl Deutschlands in einer kleinen mecklenburgischen Dorfkirche aufzuspüren. Mit den vorgelegten Daten zur Datierung von 1247 lassen sich neue Erkenntnisse zu frühen sakralen Ausstattungsgattung erschließen. Einwichtiger Baustein um interdisziplinär kultur- und kunstgeschichtliche Zusammenhänge zu verstehen.
11:30 Uhr
Rudolf Bönisch I Lübbenau/Spreewald
„Von der Stange“ – Zu den Skulpturen der Niederlausitzer Werkgruppe um 1510
Im Arbeitsheft des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege Nr. 42 (2016) wurde zusammen mit Dr. Peter Knüvener und Werner Ziems eine umfangreiche Retabelgruppe in der Niederlausitz aus der Zeit um 1513 vorgestellt. Zu dieser Gruppe gehören die noch heute komplett oder teilweise existierenden Retabel in den Dorfkirchen Betten, Goßmar, Riedebeck, Oppelhain, Schönborn, Oschätzchen, Prießen, Massen, Ruhland und Ortrand sowie Einzelskulpturen in Babben, Kirchhain, Dollenchen und Oschätzchen (im Museum). Die Gesamterfassung zeigt alle daran befindlichen 107 Skulpturen und ordnet diese nach den Heiligen. Aufgrund der Figuren von 14 Retabeln aus fast nur einer Hand und einer zeitlich sehr engen Entstehungszeit ermöglicht dies eine bisher für Retabelgruppen noch nicht vorgenommene Bewertung. So entsteht der Eindruck von „Serienproduktion“ oder „Massenware“. Im Vortrag wird diese Analyse anhand zahlreicher Beispiele vorgestellt und daraus Schlüsse gezogen. Diese bringt mindestens eine Erklärung für die heute oft nicht mehr nachvollziehbare Zusammenstellung von Heiligen in den Retabeln. Der Titel „Von der Stange“ im Vergleich zu den Warenhäusern und Baumärkten unserer heutigen will Aufmerksamkeit für diese Untersuchung erreichen, überhöht also den Inhalt des Vortrages. Vielleicht können diese Ausführungen auf andere Werkgruppen in der Spätgotik übertragen werden oder auch Arbeiten aus anderen Werkstätten mit individuellerer Gestaltung davon deutlich abtrennen.
12:15 Uhr
Mittagspause
II. Sektion – Beiträge zur Kunstgeschichte
13:15 Uhr
Gerald Grajcarek I Dresden
Veit Stoß´ Rundbogenmotive in der Schreinarchitektur als Vorbild für weitere Werke der Lausitzen und Schlesien? Beispiele gefügekundlicher Details am Löbauer Marienretabel.
1486(i) stellte der aus Süddeutschland (Horb am Neckar) stammende, nach Krakau immigrierte Bildhauer Veit Stoß das große Hauptaltarretabel der Krakauer Marienkirche am Rynek fertig. Nicht nur aufgrund seiner großen Dimension muss das Retabel seit seiner Aufstellung eine große Strahlkraft und Vorbildwirkung für zeitgenössische Kunsthandwerker und Auftraggeberschaften aufgewiesen haben. Ein wesentliches Charakteristikum in seiner architektonischen Ausgestaltung ist der in den Schrein integrierte Rundbogen, den Stoß als Gestaltungsmittel auch in späteren Werken (z.B. Retabel Karmeliterkirche Nürnberg) nutze. Nach seinem Weggang aus Krakau nach Nürnberg 1496 entstanden in der Lausitz und in Schlesien Retabel mit vergleichbar gestalteten Rundbögen – unter anderen das Löbauer Marienretabel. Der Beitrag strebt an, am Beispiel des Löbauer Retabels die gefügekundlichen Besonderheiten dieses Rundbogenmotives herauszustellen, in einen allgemeinen Vergleich zu Retabeln mit Rundbögen zu setzen und mit dem vergleichenden Rückblick zum Krakauer Retabel dessen Vorbildwirkung aufzuzeigen und diese zur Diskussion zu stellen.
14:00 Uhr
Rudolf Bönisch I Lübbenau/Spreewald
Eine große Retabelgruppe zwischen Nord- und Süddeutschland – Das Werk von Peter Breuer (1572/73-1541) aus Zwickau im Überblick.
In Vorbereitung der Bearbeitung und Abgrenzung der Niederlausitzer Werkgruppe um 1510 habe ich im Jahr 2010 den überwiegenden Teil der Werke der Großenhainer Werkstatt mit Pankratius Grüber, der Altenburger Werkstatt mit Peter und Jacob Naumann, der Freiberger Werkstatt und der Werkstatt des Peter Breuer (1472/73-1541) besichtigt. Bei der Betrachtung der stilistischen Einflüsse süddeutscher Künstler auf die norddeutsche Kunst des Spätmittelalters sollte diese bedeutende Kunst des geographisch dazwischen liegenden Gebietes mit Werken des Zwickauer Meisters Peter Breuer unbedingt Beachtung finden. Leider gibt es wohl außer Werner Hentschel 1951 noch keine moderne Monographie zu Peter Breuer und den anderen sächsischen Werkstätten, sodass anhand der vorhandenen eigenen Aufnahmen ein Überblick gegeben wird.
14:45 Uhr Kaffeepause
III. Sektion – Beiträge zur Kunsttechnologie
15:00 Uhr
Annemarie Huhn I Dresden
Kunsttechnologische Untersuchungen der spätmittelalterlichen Ausstattung der Kirche St. Leo in Bibra
Die Dorfkirche St. Leo in Bibra/Südthüringen verfügt über eine außergewöhnlich umfangreiche und qualitätvolle spätmittelalterliche Ausstattung, darunter drei Retabel und diverse Einzelskulpturen, gestiftet von der Familie von Bibra. Während der Gesamtbestand in der älteren Literatur noch Tilman Riemenschneider zugeschrieben wird, finden die Bildwerke in der jüngeren Forschung kaum Berücksichtigung. Aktuelle kunsttechnologische Untersuchungen der Konstruktion, Bildschnitzerei, Fassung und Tafelmalerei bilden die Grundlage für eine Neubewertung des Bestandes. Zur Untersuchung der geschnitzten Holzoberfläche unter mehrfachen Überfassungen kamen exemplarische Mikro-CTMessungen zum Einsatz, die neben der Feingestaltung auch Einblicke in die Erstfassung bieten. Die Auswertung der technologischen Befunde erlauben konkrete Rückschlüsse auf die Zusammenarbeit der beteiligten Gewerke im Herstellungsprozess und eine differenzierte Einordnung der Objekte.
15:45 Uhr
Volker Dietzel I Dresden
Gedübelte Holztafeln aus Spaltbohlen circa 1400-1600 – Sprengung als Spaltmethode und verlorenes Wissen zum Brett-Verdübeln.
In diesem Vortrag soll unter anderen die Holzspaltung durch Schießpulver mit Quellen ab dem frühen 16. Jahrhundert bis nach 1800 vorgestellt werden. Diese Art der Bauteilherstellung und Bearbeitung scheint nicht nur eine seltene Ausnahme zu sein. Bei vielen Maltafeln sowie Altarflächen ab 1400 lassen sich auch vor allem in den Niederlanden und Norddeutschland oft sehr exakte Dübelungen nachweisen, deren Herstellung ein Rätsel ist. Ohne Hilfsmittel konnte kein Tafelmacher dermaßen exakt bohren und dübeln. Neueste Forschungen weisen auf simple Hilfsmittel hin, die rekonstruiert wurden.
16:30 Uhr Kaffeepause
IV. Sektion – Beiträge zur Erhaltung und Pflege von Kunstwerken
16:45 Uhr
Uta Matauschek I Dresden – Dietrich Richter I Potsdam
Was tun und was lassen?
Ein uns bekanntes Szenario – wir Restauratoren begegnen einem großartigen Objekt. Es wird in unsere Obhut gegeben um konservatorisch-restauratorische Maßnahmen durchzuführen. Ein komplexes Gegenüber – gealtert, überfasst und immer wieder ausgebessert, mehrfach restauriert, den Holzwurm bekämpfend und dem Brandschutz vorbeugend behandelt, mit deutlichem Verlust an Fassung, starker Verschmutzung und neuerlichen Ablösungen an der Fassung. Die Aufgabe ist, das in luftiger Höhe schwer erreichbare Objekt für die nächsten Jahrzehnte zu sichern. Das Budget ist knapp kalkuliert auf die Konservierung bezogen und es gibt ein nur ein kurzes Zeitfenster, die Arbeiten auszuführen. Wie lässt sich trotzdem/außerdem ein Mehrwert an Ästhetik schaffen. Wir stellen eine Möglichkeit vor: Die Konservierung der Triumphkreuzgruppe (1490) in der Kirche St. Marien in Bernau b. Berlin.
17:30 Uhr
Thoralf Herschel I Berlin
Das spätgotische Altarretabel aus Bertikow (Lkrs. Uckermark)
Der Vortrag beschäftigt sich mit einem bemerkenswerten spätgotischen Flügelretabel (1. Viertel 16. Jh.) aus der Uckermark. Der heute in der Dorfkirche in Bertikow stehende Altar wurde in einer Werkstatt in Pommern gefertigt und weist stilistische Einflüsse aus Süddeutschland auf. Anhand der langen jüngeren Restaurierungsgeschichte sollen Themenkreise von Restaurierung und Denkmalpflege beleuchtet werden. Schwerpunkte der Entscheidungen im Restaurierungsprozeß waren der Umgang mit Ergänzungen und Rekonstruktionen sowie die Problematik der Abnahme einer vollständigen Überfassung aus dem 19. Jahrhundert.
18:15 Uhr Diskussion & Tagesabschluss
19:00 Uhr Abendessen
Samstag, 19. Oktober – Exkursion (09.00 – 15.30 Uhr)
Kreien: Detlef Witt – Skulpturenprogramm des ehemaligen Flügelaltars
Parchim: Detlef Witt – Hochaltarretabel Marienkirche
Lancken: Gordon Thalmann – Flügelaltar „Berg vs. Leinberger“
Bergrade: Matthias Bresien – Konservierung & Restaurierung des Retabels aus Bergrade
Anmeldungen zur Tagung und weitere Information: Kirchenbau(at)hotmail.de
Es wird eine Tagungs-Teilnahmegebühr als Unkostenbeitrag von 30,- € pro Person (ermäßigt 20,- € für Studenten) erhoben.