Die Fachtagung zum NRW-Restaurierungsprogramm am 06.10.2016 im Wallraf-Richartz-Museum Köln informierte über das Förderprogramm für Bildende Kunst des Landes Nordrhein-Westfalen. Über 80 Restauratoren, Museumsleute, Kuratoren, Vertreter der Politik sowie Mitglieder von Fördervereinen und Stiftungen waren vertreten. Neben Fachbeiträgen war auch ein Blick „hinter die Kulissen“ in die Restaurierungsabteilungen vom Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig möglich. Über die Tagung berichtet Gudrun von Schoenebeck.
Seit 2008 fördert das Land Nordrhein-Westfalen den Erhalt von Kulturgut in den Museen des Landes. Es ist ein einzigartiges Restaurierungsprogramm in Deutschland auf Landesebene. Das Förderprogramm unterstützt den Substanzerhalt in der bildenden Kunst und gibt auch kleineren Häusern die Möglichkeit, dringend notwendige Restaurierungsmaßnahmen durchzuführen und vom Zerfall bedrohte Kunstwerke wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Zu einem Erfahrungs- und Informationsaustausch trafen sich nun über 80 Museumsleute und Restauratoren Anfang Oktober im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in Köln. In ihren Begrüßungsreden unterstrichen Museumsdirektor Marcus Dekiert und Jan Raue, der Präsident des Verbandes der Restauratoren (VDR), die Bedeutung dieses einmaligen Förderprogramms. Ingrid Stoppa-Sehlbach, die Leiterin des Referates „Museen, Kunst, Film“ im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport, war nach Köln gekommen, um über die guten Erfahrungen, insbesondere auch mit der Koordinationsstelle des Programms, die beim VDR in Bonn angesiedelt ist, zu berichten. „Für etwa 150 Projekte, die in dem Programm bisher gefördert wurden, haben wir rund drei Millionen Euro eingesetzt. Geld, das gezielt und ausschließlich für die Restaurierung und Konservierung verwendet wird“, sagte Ingrid Stoppa-Sehlbach.
Seit 2008, also seit Beginn des Förderprogramms, laufen die Fäden hinsichtlich Beratung und Information sowie Bearbeitung und Betreuung der Anträge bei der Koordinationsstelle im VDR, der vom Land NRW mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragt wurde, zusammen. Die dafür zuständige Restauratorin Stefanie Bründel erklärte das Procedere des Verfahrens. Von der ersten Beratung über die Antragstellung bis hin zum Restaurierungskonzept, der entscheidenden Jurysitzung und der abschließenden Dokumentation.
Dass beim Restaurierungsprogramm tatsächlich die „Kunst in guten Händen“ ist, davon konnten sich die Tagungsteilnehmer anhand einiger exemplarischer Förderbeispiele, die von ihren jeweiligen Restauratoren vorgestellt wurden, überzeugen. Die Bandbreite der Objekte ist dabei enorm, manchmal sogar in einem einzigen Museum, wie im Fall der Kunstmuseen Krefeld. Restaurator Sebastian Köhler stellte den Wandmalereizyklus von Jan Thorn Prikker „Die Lebensalter“, 1923 vor, der im Kaiser-Wilhelm-Museum freigelegt, restauriert und „als neues Highlight“ des Hauses wieder öffentlich zugänglich gemacht wurde. Als weiteres Beispiel zeigte Köhler die Außenskulptur „Epoca eroica“, 1956 von Berto Ladera, die nach langer Einlagerung im Depot nun in ihrer ursprünglichen schwarzen Fassung und am originalen Aufstellungsort im Garten von Haus Esters zu sehen ist. Ebenfalls mit Mitteln des Restaurierungsprogramms wurde eine, von Joseph Beuys 1977 eingerichtete, Rauminstallation im Kaiser-Wilhelm-Museum Krefeld und die große Lichtskulptur „ICHS“ von Ludger Gerdes im Garten von Haus Lange in Krefeld restauriert.
Vom benachbarten Museum Ludwig waren Kurator Stephan Diederich und Restauratorin Isabel Gebhardt gekommen, um von einem langfristigen und komplexen Restaurierungsprojekt zu erzählen. Die Rauminstallation „Horse Blinders“, 1968-69 von James Rosenquist als 23-teiliges „environmental painting“ angelegt, erforderte einiges an Recherche, bevor restauratorische und konservierende Maßnahmen getroffen wurden. Hier ging es um eine detaillierte Zustandserfassung mit einem Schadenskatalog, der unter anderem ältere Transportschäden, Craquelésprünge, aber auch die künstlerische Intention störende und äußerst hartnäckige Fingerabdrücke auf einer spiegelnden Aluminium-Oberfläche aufwies. Wie Isabel Gebhardt betonte, liegen zu Alu-Oberflächen bisher kaum restauratorische Empfehlungen vor. „Hier besteht Forschungsbedarf“, sagte die Restauratorin. Bis zur großen Rosenquist-Retrospektive im Museum Ludwig, die für November 2017 geplant ist, sollen die „Horse Blinders“ und weitere große installative Gemälde des Pop-Art-Künstlers ausstellungsbereit sein.
Mit ganz anderen Problemen kämpft dagegen Bärbel Lohmann. Die ehemalige Journalistin ist derzeit ehrenamtliche Mitarbeiterin im Museum Katharinenhof in Kranenburg am Niederrhein und versucht mit ihren Mitstreitern die Bestände des Museums, darunter religiöse Volkskunst, zu erhalten. Bereits vor einigen Jahren konnten mit Mitteln des NRW-Restaurierungsprogramms zwei Skulpturen und 11 Gemälde restauriert werden. Neben der Reinigung von weiteren 25 Gemälden wurden nun ebenfalls UV-Schutzvorhänge für die großflächigen und daher sehr hellen Fensterfronten und Klima-Datenlogger für die Räume genehmigt und angeschafft. Mit einem länger zurückliegenden Schädlingsbefall und verschiedenen Fassungsresten in der Holzskulptur des Heiligen Dionysius, um 1450/60 hatte dagegen Valentina Vlašić zu tun. Die Kunsthistorikerin im Museum Kurhaus Kleve schilderte in ihrem Vortrag nicht nur das Restaurierungskonzept für die Skulptur sondern berichtete auch von der Suche nach einem geeigneten externen Restaurator.
Wie sehr aber auch die großen Häuser mit eigenen Restaurierungsabteilungen vom NRW-Restaurierungsprogramm profitieren können, zeigte schließlich Iris Schaefer, leitende Restauratorin am Wallraf-Richartz-Museum. Die „Anbetung der Hirten“ von 1622, eines der Schlüsselwerke von Gerrit van Honthorst, zählt zu den Hauptwerken der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Nach der letzten großen Restaurierung von 1940 war die Leinwand irgendwann in den beiden Jahrzehnten danach an der oberen Kante um 12,5 Zentimeter umgeschlagen worden, um sie für einen bestimmten Rahmen passend zu machen. Mit Mitteln des Förderprogramms konnte das Museum ein Bonner Restaurierungsatelier mit der Rückführung des Bildes in das originale Format beauftragen. Das Bonner Restauratoren-Team ist außerdem spezialisiert auf besonders schonende Firnisabnahmen mit Hilfe von Evolon®-Mikrofasertüchern, die in diesem Fall mit leicht angedicktem Isopropanol getränkten waren. Die stimmungsvolle „Anbetung“ hat nun wieder ihre ursprüngliche Größe von 164,5 x 191,5 Zentimetern, wurde vorsichtig gekittet und retuschiert und hat einen neuen Firnis bekommen. Was fehlt, ist ein passender Zierrahmen. „Wir haben bei einem Spezialhersteller schon eine geeignete Leiste ausgesucht“, sagt Iris Schaefer. „Zur Adventszeit muss das Bild auf jeden Fall wieder für die Museumsbesucher zu sehen sein.“
Schließlich konnten sich die Tagungsteilnehmer die „Anbetung der Hirten“ im Wallraf-Richartz-Museum und die Rauminstallation „Horse Blinders“ im Museum Ludwig vor Ort anschauen. Die jeweiligen Restauratoren nahmen sich die Zeit, um zahlreiche Detailfragen am Objekt selbst zu beantworten.
Lesen Sie auch den Nachbericht zur Tagung im Blog der Fachzeitschrift Restauro vom 16.10.2016.