Rund ums Vergaberecht

Am 24. und 25. Februar konnte das Vergaberechtseminar der IGSF wieder in Präsenz stattfinden. Die Rechtsanwälten Christian Esch LL.M und Dr. Michael Kleiber führten den Teilnehmenden die rechtlichen Aspekte vor Augen. Spannend war hierbei vor allem die Gegenüberstellung von Vergaberecht und Baurecht. Auch konnten viele konkrete Fragen aus der restauratorischen Praxis geklärt werden. Corinna Krömer berichtet...

 

Ausschreiben und Anbieten restauratorischer Leistungen in Theorie und Praxis

 

Ein Nachbericht von Corinna Krömer zum Vergaberechtsseminar 2023 

Seminar zum Vergaberecht in Hamburg 2023. Foto: Christiane Maier
Seminar zum Vergaberecht in Hamburg 2023. Foto: Christiane Maier

„Welche Fragen lohnt es sich zu stellen?“

Nachdem das Vergaberechtseminar der IGSF im letzten Jahr noch digital stattfand, konnten die Teilnehmenden am 24. und 25. Februar 2023 im Vortragssaal des Museums für Hamburgische Geschichte vom Veranstaltungsteam und den Rechtsanwälten Christian Esch LL.M und Dr. Michael Kleiber begrüßt werden.

Der Freitagnachmittag begann im bewährten Vortragsformat mit einer Präsentation, wobei die Herren, als Experten in ihren jeweiligen Sachgebieten flexibel auf Zwischenfragen reagieren konnten. Spannend war die Gegenüberstellung der rechtlichen Schwerpunkte der Vortragenden: Herr Dr. Kleiber der sich schwerpunktmäßig mit Vergaberecht befasst und Herr Esch, dessen Beschäftigungsfeld das Bau- und Architektenrecht ist. Damit konnten die Anwesenden die Erfahrungen des eigenen restauratorischen Alltags mit öffentlichen Aufträgen aus beiden Perspektiven hinterfragen.

Interessant wurde es, wenn die beiden Vortragenden als „Gegenspieler“ in einem Szenario auftraten. Normalerweise endet eine Vergabe mit der vertraglichen Beauftragung. Manchmal treten Fehler im Vergabeprozess auf, die erst nach Vertragsschluss während der Ausführung offensichtlich werden. „Wenn in der Vergabe Fehler gemacht werden, darf ich es ausbügeln.“ sagte Herr Esch schmunzelnd. Deshalb sei die Entscheidung für ein geeignetes Vergabeverfahren und die Einhaltung der Grundlagen des Vergaberechts – Gleichbehandlung – Transparenz – Wettbewerb – Wirtschaftlichkeit – so wichtig, betont Dr. Kleiber.

Da in der Realität des beruflichen Alltags erfahrungsgemäß oft Diskrepanzen auftreten, wird aber von beiden Herren immer wieder ein Punkt als essenziel angesprochen: Dokumentation. Dies kann während der Vergabe in Form von Bieteranfragen, Bedenkenanzeigen aber auch Rügen geschehen, und stellt nach Vertragsabschluss, beispielsweise als Email nach einem Telefonat, eine solide rechtliche Basis dar. Grundsätzlich sollte man von davon ausgehen, dass alle an einer Vergabe Beteiligten in guter Absicht handeln.

Themenschwerpunkt waren auch Fragen zu Planungsleistungen und deren Kosten. Woher weiß ein Auftraggeber, welchen Auftragswert ein Projekt hat und folglich welches Vergabeverfahren zur Anwendung kommen muss? Kann ich eine:n beliebige:n Restaurator:in mit einer Grundlagenermittlung und Kostenschätzung beauftragen? Diese und weitere Fragen ähneln häufig der Frage nach dem Huhn und dem Ei. Erfreulicherweise hatten die Rechtsanwälte zu diesen konkreten Fällen eindeutig verbindlichere Antworten.

Am Samstag wurden Praxisbeispiele vorgestellt, die bereits bei der Anmeldung zum Seminar angegeben werden konnten. Dabei waren die mit den Beispielen verbunden Fragestellungen so unterschiedlich, wie die restauratorische Praxis. Von einer Vergabe mit eigentlich gelungenem Leistungsverzeichnis mit detaillierten Handlungsbeschreibungen, das aufgrund der gravierenden Unterschiede in den Angebotssummen zu einer Rüge führte, zu einem Objekt, das zum Besichtigungstermin unzugänglich war und somit der eigentliche Aufwand nur zu schätzen war, bis hin zu unrealistischen Vorstellungen der Auftragegeber:innen zum Arbeitsspektrum und zur Atelierausstattung einer freiberuflichen Restauratorin. Anhand dieser Beispiele konnten weiterführende Fragen und Erfahrungen im großen wie im kleinen Kreis der Teilnehmenden und Rechtsanwälte besprochen werden.

Zum Abschluss des Seminars blieben zwei persönliche Fragen: Hat sich meine Anwesenheit gelohnt und werde ich wieder teilnehmen? Beide Fragen kann ich, ganz ohne juristische Unverbindlichkeitsfloskel, mit ja beantworten.

Kiel den 17.04.2023

Foto: Christiane Maier