Die VDR-Fachgruppe Musikinstrumente organisierte am 20. und 21.10.2016 ein Symposium im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Unter dem Titel "Historische Musikinstrumente - Erhalten! Erforschen! Erklingen?" behandelte die Tagung die Kernthemen der Restaurierung und Konservierung von Musikinstrumenten.
Ein Tagungsbericht von Markus Brosig
Alfons Huber stellte Überlegungen zur Rekonstruktion des Temperatursystems bei gebundenen Clavichorden an und konnte für ein dreifach gebundenes Instrument belegen, dass es 1/6 Kommamitteltönig gestimmt war.
In der reichen Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien fehlte für die zweite Dekade des 19. Jahrhunderts ein gut erhaltenes und zugleich klingendes Beispiel. Man entschied, einen schlecht und unvollständig erhaltenen Flügel von Nannette Streicher so schonend wie möglich wieder herzustellen. Die Referentin Ina Hoheisel musste sich die Frage gefallen lassen, ob eine solche "Komplettrestaurierung" für ein Museumsobjekt angemessen sei. Sie begründete ihr Vorgehen damit, dass die Museumswerkstatt ihre Aufgabe auch darin sehe, substanzschonende Verfahren zu entwickeln und zu erproben, die Betrieben der Privatwirtschaft als Vorbild dienen könnten. Außerdem sei es bei der vorgestellten Restaurierung praktisch zu keinem Substanzverlust gekommen.
Einen grundlegend anderen Schwerpunkt setzte man bei der Restaurierung des Bechsteinflügels aus dem Nachlass von Carl Orff. Das Instrument erzählt von der letzten Lebensphase des Komponisten. Der Klang spielte für Orff, wie ein Filmdokument belegt, offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Dies konnte Sabine Scheibner auch den Entscheidungsträgern vermitteln, weshalb man hier von einer Restaurierung absah und sich auf wenige konservatorische Maßnahmen beschränkte.
Die Fachgruppensitzung brachte nach Jahren ohne Sprecher endlich wieder eine Fachgruppenleitung hervor. Meike Wolters und Sebastian Kirsch erklärten sich bereit, das Amt des Sprechers gemeinsam zu übernehmen und wurden in nachfolgender Abstimmung gewählt. Dass sie in der Lage sind, das Amt auszufüllen, haben sie schon mit der Organisation der Tagung bewiesen.
Der zweite Tag begann mit einem Beitrag von Wolfgang Wenke. Er stellte Tonaufnahmen vor, die er während seiner langen beruflichen Laufbahn restauratorisch begleitet hat. Kein Zweiter war über so lange Zeit kontinuierlich im Beruf aktiv wie er. Die meisten der vorgestellten Tondokumente stammten aus den 1980er und 90er Jahren und entstanden am Bachhaus Eisenach.
Die beiden folgenden Beiträge widmeten sich elektrischen und elektronischen Musikinstrumenten. Das Thema wurde in den meisten Sammlungen des deutschen Sprachraums bisher kaum beachtet. So ist es kein Zufall, dass sich mit Katrin Kaminski eine Absolventin des Studiengangs "Moderne Materialien und Technisches Kulturgut" an der HTW Berlin dem Thema quasi als Quereinsteigerin näherte. In ihrer Masterarbeit dokumentierte sie die einzige erhaltene "Toccata-Orgel", einer auf Röhrentechnik basierenden E-Orgel aus den 1950er Jahren und lotete Möglichkeiten ihrer Erhaltung aus. Obwohl das Instrument über 20 Jahre an der Komischen Oper Berlin gespielt wurde, interessierte sich kein Musikinstrumentenmuseum dafür sondern es gelangte mit Glück in eine industriegeschichtliche Sammlung.
Sabine Hoffmann berichtete von der Aufbereitung des Bestandes an Elektrophonen im Berliner Musikinstrumenten-Museum. Bei dem noch laufenden Projekt werden Unterlagen eingesehen und Zubehörteile zugeordnet. So verschiedenartig die Instrumente in technischer Hinsicht sind, so unterschiedlich sind auch die Fragestellungen zum angemessenen konservatorischen Umgang und zur Restaurierung. Anhand von Beispielen wurden diverse Aspekte thematisiert. Auch ob es möglich, aber vor allem auch sinnvoll ist, die Instrumente heute spielbar zu machen wurde hinterfragt.
Martin Ledergerber lotet die Möglichkeiten aus, historische Blechblasinstrumente für die historisch informierte Aufführungspraxis in definiertem Rahmen zu nutzen und dennoch mögliche Schäden durch umfassendes Monitoring frühzeitig zu erkennen. In seinem Forschungsprojekt an der Hochschule der Künste in Bern werden unter anderem die grundlegenden Vorgänge bei der durch Blasfeuchte induzierten Korrosion an Blechblasinstrumenten untersucht. Interessant ist hier vor allem der multidisziplinäre Ansatz. Außer der Musikwissenschaft und der Instrumentenkunde sind auch die Konservierungsforschung des Schweizerischen Nationalmuseums, die Ingenieure des Paul Scherrer-Instituts (Computertomografie) und das Institut for Corrosion der ETH Zürich beteiligt.
Der letzte Beitrag der Tagung widmete sich wiederum einem eher klassischen Feld der restauratorischen Forschung. Michael Kirchweger aus Wien restaurierte einen Pyramidenflügel und konnte ihn durch Untersuchungen zur Herstellungstechnik und durch Gegenüberstellung mit Vergleichsinstrumenten aus Museen und aus Privatbesitz dem Orgel- und Instrumentenbauer Johann Caspar Schlimbach zuschreiben.