“Grinsen Sie nicht, sitzen Sie gerade und halten Sie Ihren Kopf nicht schräg.”
Nachbericht zum VDR-Seminar “Rund ums Verhandeln” 2024 in Bonn
“Verhandeln Sie wie ein Mann, Madame!” Dieser von Hildegard Hesselmann zitierte Satz, welchen Sie selbst einst als Ratschlag erhalten hat, reflektiert nur eine thematisierte Herausforderung in Verhandlungssituationen (hier die unterschiedliche Haltungsweise durch unterschiedliche Geschlechter).
Das Seminar „Rund ums Verhandeln: Honorare vertreten und verhandeln“, organisiert von der Interessengruppe Selbstständige Freiberufler (IGSF), wurde Ende September 2024 von der Juristin und Mediatorin Hildegard Hesselmann geleitet.
Im Haus der Kultur in Bonn haben 17 Teilnehmerinnen Techniken des Verhandelns sowie Methoden zur Konfliktlösung erlernt, die ihnen mehr Selbstsicherheit in Verhandlungssituationen verliehen. Die durch Hildegard Hesselmann vermittelten Inhalte waren klar und zielgerichtet strukturiert, wobei stets ein starker Bezug zu den persönlichen Erfahrungen der Teilnehmerinnen hergestellt wurde. Die theoretischen Inhalte wurden zusätzlich durch praktische Übungen, Diskussionsrunden u. a. ergänzt.
Seminareinstieg
Das Seminar startete mit einer Vorstellungsrunde, in welcher die Teilnehmerinnen von persönlichen Erfahrungen beim Verhandeln und ihre Beweggründe zur Teilnahme am Seminar schilderten. Dieser Einstieg war bereits enorm lehrreich, da aufgrund der Kombination aus Studentinnen und Absolventinnen, Angestellten und Selbstständigen sehr unterschiedliche Erfahrungen und mitgebrachte Fragen vorlagen.
Verhandlungsvorbereitung: "Was man denkt, das strahlt man aus …
… und was man ausstrahlt, das zieht man an" lautet das sogenannte “Gesetz der Resonanz". Inhaltlich besagt dies, dass unsere Gedanken unsere Erfolge beeinflussen – privat und beruflich. In Verhandlungssituationen kommt ganz deutlich die erste Hälfte des Gesetzes zum Tragen, weswegen das Seminar mit den dazugehörigen Themenbereichen “die eigene Ausstrahlung” und "Wahrnehmung durch andere” (Fremdwahrnehmung) startete.
Die Einstiegsübung widmete sich der Fremdwahrnehmung: Jede Teilnehmerin sollte einer anderen Teilnehmerin in einem Zwiegespräch den folgenden Satz vervollständigen: “Wenn ich mit Dir verhandeln würde, würde ich mich darauf einstellen, dass …” - ohne dass der Gegenpart kommentiert. Wie zu erwarten, haben verschiedene Teilnehmerinnen festgestellt, dass ihre Selbstwahrnehmung nicht ganz mit der Fremdwahrnehmung übereinstimmt.
Was zur Ausstrahlung beiträgt und wie man diese ändern bzw. für Honorar-Verhandlungen optimieren kann, wurde im Anschluss thematisiert. Der wichtigste Faktor ist hier ein verhandlungsorientiertes Mindset, da dieses die Selbstsicherheit und damit maßgeblich die Körperhaltung und Gestik beeinflusst (siehe Titel). Ein verhandlungsorientiertes Mindset wird durch inhaltliche Vorbereitung erzielt, wozu unter anderem objektive Kriterien zum Leistungswert (wie bspw. die Honorarempfehlungen) zählen.
Aber auch mit der besten Argumentation lassen sich die eigenen Interessen nicht immer vollständig durchsetzen – ein Aspekt, den man stets im Hinterkopf behalten sollte. Deshalb ist es zusätzlich hilfreich, im Vorfeld alternative Lösungsansätze zu entwickeln, wie sie auch im Seminar erarbeitet wurden. Wenn zum Beispiel das Budget nicht ausreicht, um den gewünschten Stundensatz zu bezahlen, können alternative “wertschätzende” Lösungen angeboten werden, die beide Parteien zufrieden stellen können.
“Ich möchte nur, dass alle glücklich sind.”, “Ich bin eben eine Macherin.”, “Wir mögen uns doch gar nicht.” – Verhandlungsinteressen, Persönlichkeitstypen und Verhandlungsebenen
Besonders interessant war die Vorstellung der je vier verschiedenen Verhandlungsinteressen und Persönlichkeitstypen sowie die in der Gruppe erarbeiteten Strategien, um diese zu identifizieren und passend auf das Gegenüber einzugehen. Dabei wurde deutlich, dass trotz gründlicher Vorbereitung der Verlauf einer Verhandlung oft stark von den beteiligten Verhandlungspartnern abhängig ist. Dennoch lässt sich dieser Verlauf in vielen Fällen gezielt beeinflussen. Ein entscheidender Faktor dafür ist die Einschätzung der persönlichen und charakterlichen Eigenschaften der Verhandlungspartner:innen.
Unabhängig davon, welche Persönlichkeitstypen aufeinandertreffen, ist es wichtig, das Gespräch immer auf einer sachlichen Ebene (nicht auf einer Beziehungsebene) zu führen und sich der stets bestehenden Ebene der Rahmenbedingungen bewusst zu sein.
Abrundung der theoretischen Inhalte
Die theoretischen Abschnitte wurden in einem ausgewogenen Verhältnis durch praktische Übungen, wie beispielsweise Rollenspiele oder Schlagfertigkeitsübungen, ergänzt. In den Rollenspielen wurden spezifische Verhandlungssituationen simuliert, die die Teilnehmerinnen entweder bereits erlebt hatten oder in Zukunft erleben könnten. Auch wenn diese Szenarien nur hypothetisch behandelt wurden, boten sie wertvolle Einblicke. Nach den Rollenspielen wurden die Situationen in der Gruppe analysiert und bewertet. Überraschenderweise ließen sich viele Erkenntnisse daraus gut auf die Praxis im Berufsleben übertragen, wobei nochmals besonderer Fokus auf präzise Formulierungen und Körpersprache gelegt wurde.
Die wichtigste Diskussionsrunde für alle Teilnehmerinnen dürfte die Diskussion zu Honoraren gewesen sein. Dabei wurden beispielsweise die unterschiedlichen Honorare zwischen Selbstständigen mit Werkstatt etc., Sub-Unternehmer:innen und Studierenden thematisiert.
Als Abschluss des Seminars hat Hildegard Hesselmann noch ihre Literaturempfehlungen vorgestellt und durch eine persönliche Einschätzung zur Qualität ergänzt.
Fazit
Es ist nicht notwendig, alles perfekt zu machen, und man sollte sich insbesondere nicht für Misserfolge verurteilen. Viel wichtiger ist es Freude am Verhandeln zu entwickeln und neue Lösungsansätze auszuprobieren – wie sie uns im Rahmen des Seminars vermittelt wurden. Zudem können wir alle durch den Austausch der vielfältigen Erfahrungen und Empfindungen voneinander profitieren bzw. lernen.
Die Studierenden möchten an dieser Stelle zusätzlich betonen, dass der Austausch und die Transparenz in Bezug auf Honorare besonders wertvoll waren, um gut vorbereitet ins Berufsleben starten zu können – zumal dieses Thema nicht Teil des regulären Curriculums an den deutschsprachigen Hochschulen ist.
Organisation
Ein letzter Hinweis gilt der hervorragenden Organisation durch die Interessengruppe Selbstständige Freiberufler (IGSF). Es war den Teilnehmerinnen möglich sich komplett auf die Inhalte des Seminars zu konzentrieren, da für ausreichend Pausen gesorgt war; Kalt- und Heißgetränke, sowie Obst und Knabbereien durchgängig zur Verfügung standen und sogar die Mittagsverpflegung im Vorfeld organisiert wurde. Ein riesen Lob und herzlichen Dank an das Orga-Team.
Demografie
TN-Anzahl | 17 |
Geschlecht | w: 17 m: 0 |
Ausbildungsstatus | in Ausbildung: 3 Absolventinnen: 14 |
Ausübungsstatus (von Absolvent:innen) | Angestellte: 3 Selbstständige: 11 |
Spezialisierungen | Gemälde/Skulptur: 8
Schriftgut: 3 Textil: 2 Glas: 1 Ethno: 1 Holz: 1 |
Köln, 18.10.2024
Eva Igazi und Antje Zygalski