Kulturgutschutz im Katastrophenfall im Verband der Restauratoren
Wie verheerend sich Katastrophen und Unglücksfälle auf unser Kulturgut auswirken können, hat uns die Vergangenheit mehrfach gezeigt. Umso wichtiger ist es, für die Zukunft besser vorzusorgen. Gerade auf schnelle Hilfe kommt es an. Bestmöglich geleistet werden kann diese, wenn Netzwerke und Hilfsmittel zur Verfügung stehen und Arbeitsabläufe bekannt und eingeübt sind. In Deutschland formiert sich derzeit ein Expertennetzwerk, an dem sich auch der Verband der Restauratoren (VDR) beteiligt. Hierfür wurde 2020 eigens der Arbeitsausschuss Kulturgutschutz gegründet.
Hilfe für Kulturerbe in Krisensituationen
Aus Anlass zurückliegender Katastrophen ist 2019 das Projekt „KulturGutRetter“ entstanden. Initiiert vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) und vom Expertennetzwerk Archaeological Heritage Network (ArcHerNet), hat es das Ziel, das kulturelle Erbe in allen Phasen einer Krise wirksam und nachhaltig zu schützen und zu erhalten.
Vorrangiges Anliegen ist es, einen Mechanismus zu entwickeln, um auf dem Höhepunkt einer Krise weltweit noch schneller Unterstützung bei der Sicherung, Erhaltung und ggf. Bergung von Objekten und Bauwerken leisten zu können. Dafür gilt es, vorhandene Kompetenzen in Deutschland in einem Team von Expertinnen und Experten zusammenzubringen. Gut aufbereitete, schnell verfügbare digitale Informationen sollen bereitgestellt werden und gut ausgebildete, handlungssichere Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Bereichen sollen abrufbar sein. Auch breit gefächerte restauratorische Expertise ist gefragt.
Der Arbeitsausschuss Kulturgutschutz im VDR
Um ArcHerNet und dem Projekt „KulturGutRetter“ bestmöglich zur Seite stehen zu können, wurde Anfang 2020 der Arbeitsausschuss Kulturgutschutz im VDR mit insgesamt neun Restauratorinnen und Restauratoren gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählten VDR-Präsident Sven Taubert, Vizepräsidentin Gisela Gulbins, die dem Arbeitsausschuss anfangs vorsaß, Präsidiumsmitglied Dirk Sturmfels, Tatjana Held, Irene Pamer-Gatzsche, Alexander Gatzsche, Sonia Cardenas, Kerstin Jahn und Jana Moczarski. Inzwischen sind weitere Restauratoren hinzugekommen. Die Prozesse werden aktiv von der Geschäftsstelle begleitet. Seit 2021 hat den Vorsitz Nadine Thiel aus dem VDR-Präsidium.
In einem ersten Schritt ermittelte der VDR mithilfe einer Umfrage, wer im Verband bereits Erfahrungen mit Katastrophenschutz und -management gesammelt hat. Dies bestätigten rund einhundert Restaurator:innen – manche als Leitende andere als Helfende besonders bei den Notfallverbünden. Auch wurde gefragt, ob sich der VDR in dieser Sache engagieren soll, was die große Mehrheit der Befragten befürwortete. 98 Prozent gaben zudem an, dass sie den internationalen Kulturgutschutz als wichtig bis sehr wichtig erachten.
Ausgehend von der Umfrage sind seither mehrere Schritte erfolgt. Eine Liste unserer Mitglieder, sortiert nach Fachrichtungen, wurde erstellt, um einen Überblick über bereits vorhandene Kompetenzen zu erlangen. Für die verschiedenen Module des Projektes "KulturGutRetter" wurden Ansprechpartner:innen innerhalb des VDR definiert. Mehrere Treffen mit Partner:innen des Netzwerkes und Workshops haben stattgefunden. Für alle Sparten der Restaurierung wurden innerhalb des VDR Ansprechpartner:innen zusammengetragen – angefangen bei Restaurator:innen für archäologische und ethnologische Gütern, über moderne Medien, Grafiken und Archivalien über Objekte aus Holz, Metall, Glas und Leder, über Kunsthandwerk, Musikinstrumente und Textilien bis hin zu Werken bildender Kunst aus allen Epochen und ganzen Gebäuden.
Nach dem Hochwasser 2021 wurden die Überlegungen zu Arbeitsabläufen und benötigten Ausrüstungen für die Bergung und Erstversorgung der unterschiedlichsten Objekt- und Materialgruppen intensiviert. In dieser Situation entstand die Idee, einen Handlungsleitfaden zu entwickeln, der schnelles Handeln in einer Ausnahmesituation ermöglicht. 2024 konnte der VDR Dank einer Förderung der Kulturstiftung der Länder einen solchen Leitfaden veröffentlichen und zwar als frei zugängliches "Einsatzhandbuch Kulturgut", das auch neben Kulturinstitutionen auch von den Feuerwehren, weiteren Blaulichtern und Spontanhelfenden in einer Notlage zu Rate gezogen werden kann.
Generell hat sich der VDR seither eng mit der Gefahrenabwehr und weiteren Partnern aus dem Kulturbereich vernetzt. Er ist Gründungsmitglied der inzwischen eingerichteten Notfallallianz Kultur und bringt sich mit seiner fachlichen Expertise ein.
Mitmachen!
Der Arbeitsausschuss freut sich, wenn Sie sich engagieren möchten. Auch wenn Sie noch nicht viel Erfahrung im Katastropheneinsatz haben, unterstützen Sie uns gerne mit ihrem Fachwissen als Restaurator:in!
Es gibt noch einiges zu tun.
Mitglieder des Arbeitsausschusses:
Folgende VDR-Mitglieder sind derzeit im Arbeitsausschuss aktiv:
Stephanie Dirks, Isabel Frühauf, Diana Gabler, Gisela Gulbins, Susann Harder, Tatjana Held, Kerstin Jahn, Eva Krämer, Dennis Mitschke, Jana Moczarski, Maria Morstein, Dirk Sturmfels, Sven Taubert, Nadine Thiel
Vorsitzende:
- Nadine Thiel: Die Diplom-Restauratorin ist spezialisiert auf die Erhaltung von Grafik, Archiv- und Bibliotheksgut. Sie ist vielen durch Ihren Einsatz nach dem Kölner Archiveinsturz und die Rettungsarbeiten nach der Flutkatastrophe 2021 bekannt. Seit 2019 ist sie zudem Mitglied im VDR-Präsidium.
Weiterführende Literatur und Hinweise
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KDas „Einsatzhandbuch Kulturgut“ des VDR ist nun auch unter der DOI 10.11588/artdok.00009395 in der Bibliothek der Universität Heidelberg publiziert. Durch die Vergabe der DOI-Nummer ist das EBook eindeutig gekennzeichnet und […]
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