Die europäische Chemikalienagentur (ECHA) plant, das Material Blei in all seinen Formen in das Verzeichnis zulassungspflichtiger Stoffe, den sogenannten Appendix XIV (V), aufzunehmen. Das würde bedeuten, dass für jede Anwendung dieses Stoffes (Herstellung, Bearbeitung, Lagerung) eine Sondergenehmigung erforderlich sein würde.
Das bedeutet im Falle von neuen oder historischen Glasmalereien und Bleiverglasungen, dass weder die Herstellung, noch die Restaurierung, noch die Lagerung oder Präsentation z. B. im Museum ohne Sondergenehmigung mehr möglich wäre.
Dr. Ivo Rauch bittet als Präsident des Internationalen Komitees für die Konservierung von Glasmalereien darum, dass viele Betroffene ihre Einwände gegen ein Blei-Verbot in der Restaurierung direkt auf der Internetseite der ECHA melden.
Bevor ein Material auf diese Liste gesetzt wird, gibt es jedoch einen Konsultationsprozess, bei dem jeder Bürger, alle betroffenen kommerziellen Firmen und auch alle Institutionen (z. B. Interessenvertretungen, Verbände, Vereine, Museen, Denkmalämter) einen Kommentar zu diesem Vorgehen abgeben dürfen.
Die Frist für Einwände und Kommentare endet am 2. Mai 2022.
In einem Musterbrief hat Ivo Rauch Argumente gegen das Bleiverbot zusammengefasst.
Der Musterbrief kann auf seiner Internetseite heruntergeladen und für Einsprüche bei der ECHA verwendet werden.
Ivo Rauch appelliert: "Wir, das Internationale Komitee für die Konservierung von Glasmalereien (ICCSG) von CVMA und ICOMOS, werden selbstverständlich auch einen Einspruch formulieren und auch ICOMOS als Gesamtorganisation wird entsprechend intervenieren. Es ist jedoch dringend erforderlich, dass möglichst viele Betroffene gleichzeitig ihre Einwände vorbringen, damit dieser unbegreifliche Plan nicht zur Ausführung kommt."
Auch in weiteren Bereichen der Restaurierung und Denkmalpflege hat das Verbot massive Auswirkungen. Der VDR erhebt dementsprechend einen umfassenden Einspruch und fordert eine Ausnahmeregelung für die Verwendung von Blei an Kunst- und Kulturgut.
Das Material Blei ist Bestandteil von Kunst- und Kulturgut fast aller Epochen und Gattungen, insbesondere des Industriellen Kulturguts, kunsthandwerklicher Objekte, Metallskulpturen, Musikinstrumenten, historischen Gebäuden, archäologischen Objekten oder Glasmalerei.
In künstlerischer oder funktionaler Verwendung begegnen wir Blei beispielsweise als gegossene Bleifiguren oder -skulpturen, Wuchtgewichte im technischen Kulturgut oder bei Tasteninstrumenten, Orgelpfeifen, historischer Munition und Waffen, als Bleiverglasungen von Glasfenstern, in der Architektur als Walzblei im Dach- und Fassadenbereich, als Rohre und Leitungen oder Bleiverstemmungen im Stein. Bleiverbindungen sind auch als Pigmente in historischen Korrosionsschutzanstrichen, Farbfassungen von Gemälden, Skulpturen und Möbeln enthalten, ebenso in bleihaltigen Keramikglasuren, Emails oder Bleikristallglas.
Ohne Blei können wichtige Bereiche der Konservierung-Restaurierung in unseren Museen und der Denkmalpflege nicht mehr ausgeführt werden. Darüber hinaus ist dieses Material für den Fortbestand des Wissens um historische Techniken und für deren Rekonstruktionen unverzichtbar.
Als berufsständische Vertretung der Restaurator:innen hat der VDR Einspruch erhoben und eine Ausnahmeregelung für die Verwendung von Blei an Kunst- und Kulturgut gefordert, damit der Erhalt und die Präsentation dieser Werke in Museen, Archiven, Sammlungen, Kirchen und öffentlichen Gebäuden weiterhin möglich ist.
Die Toxizität von Blei und seinen Korrosionsprodukten ist sehr gut bekannt und seine Gesundheitsrisiken werden in der Branche durch entsprechende Schutzmaßnahmen professionell gehandhabt.