Teil 30 der Serie „Mit Kalkül“: Bin ich für die Selbstständigkeit geeignet?

Bin ich für die Selbstständigkeit geeignet? Wenn Gründer:innen für ihr Unternehmen brennen und sich mit der Selbstständigkeit als Restaurator:in einen Traum erfüllen, könnten die Voraussetzungen für Erfolg und ein zufriedenes […]

Bin ich für die Selbstständigkeit geeignet?

Wenn Gründer:innen für ihr Unternehmen brennen und sich mit der Selbstständigkeit als Restaurator:in einen Traum erfüllen, könnten die Voraussetzungen für Erfolg und ein zufriedenes Leben nicht besser sein. Diesen Schritt aus der Not heraus zu wagen oder weil es bequemer erscheint, als sich von einer Institution anstellen zu lassen, ist nicht  ratsam.

Deutschland benötigt in allen Branchen Gründer:innen. Besonders junge Frauen werden von Politiker:innen und Ökonom:innen verstärkt dazu aufgerufen und an vielen Stellen ermutigt, sich selbstständig zu machen. Um Furcht und Hemmnisse abzubauen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Existenzgründungsportal und eine Gründungsplattform eingerichtet. Letztere ist eine Initiative des BMWK und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Es ist eine interaktive Plattform, die die Benutzer:innen während ihres gesamten Gründungsprozesses – Einsteigen, Planen, Finanzieren, Gründen – begleitet und unterstützt. Sie wird öffentlich gefördert, daher ist die Nutzung kostenlos. In einem geschützten Account kann man seine Idee bis zur Umsetzung im eigenen Tempo weiterentwickeln, Baustein für Baustein. Und man findet dort schnell und gratis Beratung, Förderung und Finanzierung in der Region.

Checkliste, auch mit unangenehmen Fragen 

Etwas weniger interaktiv stellt sich das Existenzgründungsportal des BMWK dar. Aus unserer Sicht ist die Checkliste zur Gründerperson jedoch ein wunderbarer Einstieg in die Thematik.

Wer sich selbst nicht gerne direkte, teils unangenehme Fragen stellt oder von Familienangehörigen und Freund:innen stellen lässt, sollte mit dieser Checkliste beginnen. Sie ist eine Art Persönlichkeitstest. Hier wird alles hinterfragt, auf das es beim Gründen eines Unternehmens ankommt. Der Test beginnt mit Ihrer Einstellung zum Thema berufliche Selbstständigkeit und mit der Frage, die wir eingangs schon als grundlegend angeführt haben: „Können Sie sicher sein, dass Sie nicht aus der Not heraus gründen, sondern, weil Sie davon überzeugt sind, dass die berufliche Selbstständigkeit das Richtige für Sie ist?“ Aber auch scheinbar lapidare Fragen wie „Kennen Sie (z. B. über Ihren Bekannten-/Freundeskreis) Unternehmerinnen oder Unternehmer?“ Uns schwant, dass dies wichtig sein könnte, um sich ein realistisches Bild über den Unternehmer:innen-Alltag machen zu können, aber unbedingt willkommen empfinden viele dieses Nachhaken nicht.

Wer die Fragen zu den fünf Themenbereichen „Ihre Einstellung zum Thema berufliche Selbstständigkeit“, „Ihre persönlichen Voraussetzungen“, „Ihre Einstellung zum Thema Geld“, „Ihr fachliches Know-how“ und „Ihr unternehmerisches Know-how“ ehrlich beantwortet, kann sicher sein, dass er oder sie im Anschluss klarer sieht, wohin der Lebensweg führen sollte.

Der Test ist kein Hexenwerk – aber seien wir aufrichtig – fast niemand stellt sich gerne solch offene Fragen wie „Sind Sie gesund und körperlich fit?“, „Sind Sie bereit, in den ersten Jahren auf Ihren Urlaub zu verzichten?“, „Packen Sie unangenehme Themen an und versuchen sie zu lösen?“, „“Haben Sie bereits Verkaufsverhandlungen geführt?“, „Sind Sie mit den Zukunftsprognosen Ihrer Branche vertraut?“, „Können Sie ruhig schlafen, auch wenn Sie kein festes Einkommen haben?“, „Nehmen Sie Kritik an, ohne sich dadurch verunsichern zu lassen?“, „Gehen Sie gerne auf Menschen zu?“. Dabei sind gerade diese Überlegungen ähnlich wichtig wie fachliches Know-how.

Die Auflösung dieses Tests ist eine denkbar einfache: Je mehr Häkchen die sogenannte Checkliste am Ende hat, desto besser geeignet ist man – zumindest auf dem Papier – für die Selbstständigkeit.

Gründerplattform mit Persönlichkeitstest

Hat man sich über diesen Fragebogen dem Thema Selbstständigkeit genähert, ist die Gründerplattform des BMWK und der KfW ein geeignetes Tool auf spielerische Art und Weise Näheres über sich selbst herauszufinden.

Der Persönlichkeitstest ist nicht wissenschaftlich fundiert, aber er hilft bei der Verortung. Zunächst werden die Benutzer:innen über sieben Eigenschaften erfolgreicher Unternehmer:innen informiert. Erfrischend ist, dass diese Merkmale – Eigenmotivation, Glaube an die Machbarkeit, emotionale Stabilität, Problemlösungsorientierung, Risikobereitschaft, Durchsetzungsbereitschaft, Ungewissheitstoleranz – als hilfreich für jede Lebenssituation bezeichnet werden. Sei das nun als junge Unternehmerin im Bereich der Restaurierung, als Projektleiterin bei Airbus, als Krankenpfleger auf Station oder alleinerziehender Vater am Frühstückstisch.

Die Gründerplattform verweigert sich einer festzustellenden „Unternehmer:innen­persönlichkeit“. Das Bild der Unternehmer:innen wird als vielfältiges, buntes gezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Persönlichkeit mithilfe von Selbsterkenntnis und Schulungen in Richtung Eignung zum Unternehmertum entwickeln, wenn auch vielleicht nicht komplett verändern lässt. Auf jeden Fall aber ist das Selbstverständnis vonnöten, dass man Unternehmer:in, bzw. in den meisten Fällen als Restaurator:in Soloselbstständige ist – auch als freie Mitarbeitende.

Prototypen einer Unternehmer:innenpersönlichkeit lassen sich aber dennoch bestimmen. Herauszufinden, welchem der drei Typen Sie am nächsten sind, ist kurzweilig und bietet eine erste Orientierung. Hier wird Ihnen erläutert, ob Sie eher die Rolle der Visionäre einnehmen, die der Manager oder die Rolle der Fachmenschen. Bestenfalls – so die Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums – sollten Sie alle drei Rollen in sich vereinen: offen für Veränderungen und kreativ sein, für Struktur, Ordnung und Verlässlichkeit sorgen und fachliche Nischenkompetenz besitzen. Entscheidend ist, die eigenen Stärken zu kennen und daraus seinen Nutzen zu ziehen, sich mögliche Schwächen einzugestehen und diese auszugleichen. Vielen hilft es zum Beispiel, die Buchführung, den Telefondienst oder die Eigenwerbung (Website, Social-Media) von vornherein auszulagern, um sich dem Arbeitsbereich zu widmen, wo die Talente liegen.

Die Nutzung der Plattformen des BMWK sind nicht gleichzusetzen mit dem Wert persönlicher Gespräche, aber sie bieten einen niederschwelligen Zugang zum Thema Selbstständigkeit. Sie können als Anregung, sich mit bestimmten Fragen auseinanderzusetzen dienen und als Grundlage für weitere Recherchen. Auch gemeinsam mit Freund:innen lassen sich die Checklisten und Tests durchgehen, um für sich eine Haltung zur Selbstständigkeit zu erarbeiten.

 

Beachten Sie bitte, dass unsere Serie Tipps für die Praxis vermittelt und ein Ratgeber von Restaurator:innen für Restaurator:innen ist. Sie können keine rechtliche, steuerrechtliche oder psychologische Beratung ersetzen. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Anfragen an einen Anwalt oder eine Anwältin, eine:n Steuerberater:in.

Dr. Christiane Schillig

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"Mit Kalkül"