Schadensmonitor Kulturgut Deutschland zur Erfassung und Auswertung von notfallbedingten Schäden an unserem Kulturerbe
Wie wir in der Vergangenheit immer wieder schmerzlich mit ansehen mussten, gehen Katastrophen und Unglücksfälle auch an Kulturgut nicht spurlos vorbei. Ereignisse wie der Brand der Anna Amalia-Bibliothek 2004, der Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder die Ahrtal-Überschwemmung 2021 sind nur einige prominente Beispiele, die aufgrund ihres gravierenden Ausmaßes große mediale Aufmerksamkeit erregt haben. Kleinere Schadensereignisse gelangen hingegen selten in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Betroffene sind in solchen Situation oft schlecht vorbereitet und stehen vor großen personellen sowie finanziellen Herausforderungen.
Um eine Verbesserung der Resilienz und eine effektivere Notfallversorgung aufbauen zu können ist es essentiell, sich ein kontinuierliches und umfassendes Bild aller Schäden an Kulturgut sowie deren Ursachen und Verläufe zu machen. Dieses soll gleichermaßen Denkmäler, kulturgutbewahrende Einrichtungen (z.B. Archive, Bibliotheken, Museen) sowie denkmalgeschützte Bauwerke umfassen. Dabei ist es wichtig, dass sowohl Unglücksfälle natürlichen Ursprungs (z.B. Überschwemmung, Sturm), sowie auch technisch bedingte Vorfälle (z.B. Brand, Rohrbruch, Stromausfall) und Schäden durch Vandalismus erfasst werden.
Der gesamte Umfang von notfallbedingten Schäden am kulturellen Erbe ist in Deutschland bislang nicht zentral erfasst worden und daher nahezu unbekannt. Ein Schadensmonitor als zentrale Datenbank und systematische Auswertung von Schadensfällen soll künftig helfen Risiken zu erkennen und die Verwundbarkeit des kulturellen Erbes einzuschätzen. Die so gewonnenen Erkenntnisse können übergeordneten Behörden und parlamentarischen Gremien als faktenbasierte Grundlage für Entscheidungsprozesse dienen. Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung für eine effektive Planung von Schutz- und Notfallmaßnahmen.
Auf der Blue Shield Deutschland-Website wurde daher im November 2024 ein Online-Fragebogen freigeschaltet, mit dem sowohl Großschäden als auch kleinere Notfälle gemeldet werden können.
Mit Hilfe dieses Fragebogens, der mit überschaubarem zeitlichen Aufwand ausgefüllt werden kann, können unkompliziert grundlegende Informationen zu Schadensfällen übermittelt werden. Alle erhobenen Daten werden vertraulich behandelt, sicher gespeichert und nur für statistische Zwecke ausgewertet. Neben der Erfassung aktueller Schäden, können auch ältere Schadensfälle nachgetragen werden.
Als Vorbild für den Schadensmonitor Kulturgut Deutschland dient die seit 2019 vom französischen Nationalkomitee von Blue Shield durchgeführte Erfassung (Mémoire des sinistres sur patrimoine culturel). Schon nach kurzer Laufzeit des Programms konnte das alarmierende Fazit gezogen werden, dass dort durchschnittlich alle zehn Tage ein notfallbedingter Schaden an Kulturgut registriert wird.
Die Arbeitsgruppe Schadensmonitor Kulturgut Deutschland hofft auf eine rasche Bekanntmachung, sowie aktive Nutzung dieses neuen Instruments, damit für dieses wichtige Thema besser sensibilisiert und langfristig das Risiko von unglücksbedingten und mutwillig herbeigeführten Schäden an Kulturgut weiter verringert werden kann.
Kontakt: Dr. Klaus Weschenfelder