Man unterscheidet heute zwischen Dipl.-Restaurator (die Diplomstudiengänge werden nun von Bachelor und Masterstudiengängen abgelöst) und Restaurator im Handwerk. Dies ist eindeutig geregelt in der Kooperationsvereinbarung zwischen VDR und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) vom 01.09.1996. Im Restauratorenhandbuch finden Sie die Feststellung, dass inzwischen fast allgemeines Einvernehmen besteht, dass der (Diplom-)Restaurator kein Gewerbetreibender ist. Dagegen ist der Restaurator im Handwerk ein Gewerbetreibender, er ist und bleibt ein Handwerker und Angehöriger seines Berufsstands.
1. Die Tätigkeit des akademischen Restaurators und des diesem gleichgestellten Restaurators
besteht in der materiellen Bewahrung von Kultur- und Kunstgütern im öffentlichen, kirchlichen und privaten Besitz durch Untersuchung, Erfassung, Konservierung, Restaurierung, Wartung, Beratung und Erforschung und der diesbezüglichen Dokumentation. Die Tätigkeit des Restaurators besteht in Ausnahmefällen auch in der wissenschaftlich fundierten Rekonstruktion von Kultur- und Kunstgütern. Der Restaurator übt einen freien Beruf aus und kein Gewerbe. Dies ist ausdrücklich festgehalten im Gesetz über die Führung der Berufsbezeichnung „Restauratorin“ oder „Restaurator“ im Land Sachsen-Anhalt (Restauratorgesetz Sachsen-Anhalt – Reg. LSA) vom 15.03.2011 (§ 1 Abs. 2).
Bereits im Restauratorgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommem vom 09.11.1999 ist die Berufsbezeichnung Restaurator geschützt. Auch danach betreibt der Restaurator kein Gewerbe, Restauratoren sind Angehörige der Freien Berufe und erbringen auf Grund besonderer beruflicher Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig geistig-ideelle Leistungen im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit.
Die Berufsbezeichnung „Restaurator“ darf führen, wer unter dieser Bezeichnung in die Restauratorenlisten gemäß § 3 dieser Gesetze eingetragen ist (jeweils § 2 Abs. 1 der Restauratorengesetze).
Nach § 4 wird in die Restauratorenliste eingetragen, wer eine Ausbildung als Restaurator mit Hochschulabschluss nachweist und seinen Hauptwohnsitz, seine Niederlassung oder seine überwiegende Beschäftigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
Die Restauratorenliste wird durch die oberste Denkmalschutzbehörde des Landes geführt, jeweils § 3 Abs. 1 der Gesetze, über die Eintragung oder die Löschung aus der Restauratorenliste entscheidet die Fachkommission (§ 3 Abs. 2).
In diesen beiden Gesetzen ist das Berufsbild des Restaurators gesetzlich geschützt, denn wer die Berufsbezeichnung oder Wortverbindungen mit dieser Berufsbezeichnung unbefugt führt, handelt ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld bis zu 10.000,00 belegt werden.
Diese Gesetze sind Landesgesetze und nur in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt verbindlich. Die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder ergibt sich aus dem Grundgesetz, in dem sich eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nicht findet. Es bleibt daher beim Grundsatz des Art. 70 Abs. 1 GG, nach dem die Länder das Recht zur Gesetzgebung haben, soweit das Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
In der enumerativen Aufzählung des Art. 73 GG (Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes) und Art. 74 GG (Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes) findet sich keine Regelungsbefugnis hinsichtlich des Berufsbilds der Restauratoren (im Gegensatz z. B. zur Rechtsanwaltschaft, dem Notariat und der Rechtsberatung, Art. 74 Abs. 1, Nr. 1 GG), das allerdings nirgendwo verbindlich festgelegt
ist.
Damit ergibt sich je nach Bundesland eine unterschiedliche Rechtslage:
Der Beruf des Freien Restaurators ist nur in zwei Bundesländern gesetzlich geschützt, die unberechtigte Titelführung ist bußgeldbewehrt.
In den übrigen Bundesländern ist das Berufsbild des Restaurators nicht gesetzlich geschützt. Nachdem die Zuständigkeit zur Regelung des Berufsbilds bei den Ländern liegt und somit nicht beim Bund und auch nicht bei der EU, weil diese entsprechenden Zuständigkeiten nicht übertragen worden sind (Art. 4 EUV und Art. 2-4 beziehungsweise 5 AEUV), richtet sich die Regelung des Berufsbilds des Restaurators nach
der innerstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, hier sind somit ausschließlich die Bundesländer zuständig.
Vordringliches Ziel hinsichtlich des Schutzes des Berufsbildes ist es daher, auf eine gesetzliche Regelung, auch inhaltlich, auch in den übrigen 14 Bundesländern hinzuwirken. Dies auch im Hinblick auf den grundrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG. Denn das Berufsbild kann als einheitliches definiert werden. Deshalb fordert der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass in den übrigen Bundesländern gleichlautende Regelungen wie diejenigen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt geschaffen werden, denn diese Regelungen sind rechtmäßig. Die Restauratoren verlangen eine Gleichbehandlung im Recht.
Eines der wichtigsten Ziele der Restauratoren und ihres Verbandes VDR muss daher sein, die Restauratoren in allen Bundesländern als Freiberufler anerkannt zu bekommen, Ziel ist also die Initiierung von Restauratorengesetzen in sämtlichen Bundesländern jeweils mit dem Schutz durch Bußgelder bei Verstößen gegen die geschützte Berufsbezeichnung sowie die Festlegung eines Berufsbildes.
2. Die Rechtsprechung legt sich in der Beurteilung der freiberuflichen Tätigkeit des Restaurators/der Restauratorin nicht eindeutig fest.
Wichtig ist die steuerrechtliche Betrachtungsweise. Nach dem grundlegenden Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 04.11.2004, IV R 63/02, NJW 2005, 1454 ff. kann die Tätigkeit eines an einer Hochschule ausgebildeten Restaurators wissenschaftlich im Sinne von § 18 Abs. 1, Nr. 1, Satz 2 EStG sein, soweit sie sich auf die Erstellung von Gutachten und Veröffentlichungen beschränkt.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist Voraussetzung für die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1, Nr. 1 EStG (und damit der Gewerbesteuerfreiheit), dass eine hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit ausgeübt wird, die dazu geeignet ist, schwierige Streit- und Grenzfälle nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen. Der BFH hat weiter entschieden, die bloße Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden auf konkrete Verhältnisse sei keine wissenschaftliche Tätigkeit (Rechtsprechung des BFH zitiert bei BFH, NJW 2005, 1454, 1455 rechte Spalte).
Der BFH geht davon aus, dass eine wissenschaftliche Betätigung, soweit sie lediglich Vorarbeit seiner künstlerischen oder handwerklichen Arbeit darstellt, steuerlich nicht zu den Einkünften aus wissenschaftlicher, sondern aus künstlerischer oder handwerklicher Arbeit führt. Wissenschaftliche Tätigkeit soll demgegenüber vorliegen, wenn der Auftrag des Kunden an den Restaurator die Erstellung eines Gutachtens betrifft und dieses Gutachten Gegenstand des bezahlten Entgelts ist. Das gleiche gilt, wenn der Restaurator ein Entgelt für die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit erhält.
Die typischere Arbeit des Restaurators ist nach Ansicht des BFH, wenn dieser Kultur- und Kunstgüter nicht nur untersucht, erfasst und dokumentiert, sondern auch konserviert und restauriert. Dies ist keine wissenschaftliche Tätigkeit nach BFH.
Der BFH hat sodann geprüft, ob der Restaurator eine künstlerische Tätigkeit ausübt und zunächst festgehalten, dass eine künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1, Nr. 1 EStG ein steuerpflichtiger nach ständiger Rechtsprechung des BFH – neben anderen Voraussetzungen – nur dann ausübt, wenn er eine schöpferische Leistung mit einer gewissen Gestaltungshöhe vollbringt, das heißt, eine Leistung, in der seine individuelle Anschauungsweise und seine besondere Gestaltungskraft klar zum Ausdruck kommt. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte über eine künstlerische Betätigung zu entscheiden. Das BVerfG sieht das Wesentliche
in der künstlerischen Betätigung in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden, BVerfG, NJW 1985, 261.
Der (frühere) Reichsfinanzhof (RFH) hat zum Beruf eines Restaurators entschieden, dass das Reparieren einfacher schadhafter Gegenstände an sich keine künstlerische Tätigkeit darstelle, es sei denn, es handle sich um ein Kunstwerk und dessen Wiederherstellung wäre eine dem Gedanken des Schöpfers eines Kunstwerks nachfühlendes Gestalten oder Ergänzung (zitiert nach BFH, NJW 2005, 1455).
Der BFH hat hieran angeknüpft und entschieden, dass erste Voraussetzung für eine künstlerische Betätigung des Restaurators ist, dass der Gegenstand, mit dem er sich befasst, seinerseits ein Kunstwerk darstellt. Die Restaurierung eines möglicherweise historisch bedeutsamen Gebrauchsgegenstands führe keinesfalls zu einer künstlerischen Tätigkeit.
Auch dann, wenn es sich bei dem restaurierten Gegenstand um ein Kunstwerk handelt, ist der Restaurator nicht künstlerisch tätig, soweit sich seine Arbeit auf Bereiche wie etwa die Festigung, die Sicherung von Bausubstanzen oder die Reinigung von Bildern beschränkt.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerfG), NVwZ-RR 199, 347 hat zwar entschieden, dass ein Restaurator, der sich auf die Festigung und Reinigung der vorhandenen Steinsubstanz, die Sicherung gebrochener Steinteile, das Entfernen früherer Ausbesserung, das Ergänzen durch neues Material, das farbliche Anpassen sowie das Erneuern und das Schützen vor Umwelteinflüssen beschränkt, nicht das typische Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk ausübt. Daraus folgt jedoch für die steuerliche Beurteilung nach BFH nicht, dass ein solchermaßen tätiger Restaurator Künstler im Sinne des § 18 Abs. 1, Nr. 1 EStG ist. Seine eigene individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft kann ein Restaurator nur dort zum Ausdruck bringen, wo infolge der Beschädigung des Kunstwerks eine Lücke entstanden ist, die er durch seine Arbeit füllt. Die Lücke kann beispielsweise darin bestehen, dass Teile eines Bauwerks zerstört oder Teile eines Bildes in seinen Umrissen oder seiner Farbgebung nicht mehr erkennbar sind. Die in diesen Fällen notwendige Ergänzung ermöglicht dem Restaurator individuelles Gestalten. Solange er sich nicht auf das Kopieren vorhandener Vorlagen beschränkt, spielt es auch keine Rolle, ob sich der Restaurator bei der Lückenfüllung frei fühlt oder ob er sich bemüht, dem ursprünglichen Kunstwerk möglichst nahe zu kommen. Es ist daher nicht notwendig, dass sich der Restaurator erkennbar vom Original löst.
Die Tätigkeit eines Restaurators ist dann künstlerisch im Sinne von § 13 Abs. 1, Nr. 1, Satz 2 EStG, wenn sie ein Kunstwerk betrifft, dessen Beschädigung ein solches Ausmaß aufweist, dass seine Wiederherstellung eine eigene schöpferische Leistung des Restaurators ist. Hierbei ist zu beachten, dass es weder eine gesetzliche Regelung noch eine Rechtsprechung gibt, die festlegt, was Kunst ist beziehungsweise diesen Begriff auslegt.
Wenn die Tätigkeiten des Restaurators ein nicht aufteilbares Konglomerat wissenschaftlicher, künstlerischer und rein handwerklicher Leistungsbestandteile bildet, muss die Leistung danach beurteilt werden, welcher Teil ihr das Gepräge gibt. Lässt sich eine solche Prägung nicht feststellen, sind die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1, Nr. 1 EStG als nicht erfüllt anzusehen. Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige.
Wenn der Restaurator künstlerische, gegebenenfalls auch wissenschaftliche Tätigkeiten ausübt, die sich von den handwerklichen Tätigkeiten trennen lassen, gilt nach § 15 Abs. 3, Nr. 1 EStG gleichwohl die gesamte Tätigkeit des Restaurators als gewerblich, es sei denn, die gewerblichen Tätigkeiten wären von untergeordneter Bedeutung (BFH, NJW 2005, 1456).
Die Rechtsprechung geht somit nicht davon aus, dass Restauratoren mit akademischer Berufsausbildung automatisch als freiberuflich gemäß § 18 Abs. 1, Nr. 1, Satz 1 EStG einzustufen sind. Es werden erhebliche Voraussetzungen für eine künstlerische oder wissenschaftliche und damit freiberufliche Tätigkeit von Restauratoren aufgestellt, die regelmäßig eine Einzelfallprüfung erfordern.
Deshalb soll und muss der Verband und müssen die Restauratoren nicht nur durch Darstellung in der Öffentlichkeit, sondern auch gegebenenfalls durch Musterrechtsstreite auf die Anerkennung der Restauratoren als Gruppe von Freien Berufen auch in der Rechtsprechung hinarbeiten, damit diese den in § 18 Abs. 1, Nr.1 enumerativ aufgezählten Freiberuflern gleichgestellt werden, wie z. B. Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte etc.
3. Die Restauratoren haben kein Standesrecht.
In den Restauratorgesetzen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind lediglich die Berufsaufgaben des freiberuflichen Restaurators beschrieben und die Voraussetzungen, unter denen die Berufsbezeichnung geführt werden darf sowie der Schutz dieser Berufsbezeichnung. Rechte und Pflichten des Restaurators, die Organisation etwa in einer Kammer mit Pflichtmitgliedschaft wie z. B. bei Rechtsanwälten in der Bundesrechtsanwaltsordnung, Status der Standesorganisation als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Disziplinarrecht, Berufsgerichtsbarkeit, Standesrichtlinien, finden sich in diesen Gesetzen nicht. In den übrigen Bundesländern gibt es überhaupt keine Standesrichtlinien oder gesetzliche Vorschriften über die Standesorganisation.
Der VDR ist ein eingetragener Verein nach den Bestimmungen der §§ 55 ff, BGB, also privatrechtlich organisiert und nicht öffentlich-rechtlich geschaffen mit freiwilliger Mitgliedschaft. Er kann schon von diesem Gesichtspunkt her nicht der gesetzlich berufene Vertreter aller Restauratoren sein und deren Interessen vertreten.
Erstrebenswert ist aber eine derartige Kompetenz; zunächst einmal Teilnahme an Anhörungen und Gesetzgebungsverfahren, Aufnahme in den Verteiler der einschlägigen Behörden und Gesetzgebungsorgane sowie von Gerichten.
Es ist somit nicht nur unter diesem Gesichtspunkt dringend erforderlich, dass in allen Bundesländern Restauratorgesetze erlassen werden, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Verkammerung der Restauratoren mit Schaffung eines einheitlichen Berufsbilds und verbindlichen einheitlichen Berufsrechten und -pflichten. Nur so kann der Berufsstand vereinheitlicht und allgemein verbindlich installiert werden und nur so können auch die Verpflichtungen der Auftraggeber vereinheitlicht werden, da ihnen gesetzlich normierte Rechte der Restauratoren gegenüberstehen.
4. Besondere Probleme und Angriffe auf den freien Beruf des Restaurators ergeben sich aus der Praxis der Vergabe von Aufträgen.
Restauratoren haben häufig öffentliche Auftraggeber beziehungsweise beteiligen sich an der Vergabe von öffentlichen Auftraggebern. Öffentliche Auftraggeber sind z.B. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemein-Interesse tätig zu werden sowie die in § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) genannten weiteren Auftraggeber. Auftraggeber sind also insbesondere Staat, Ländern und deren Behörden (Denkmalschutz), Landkreise, Kommunen und Kirchen sowie deren kirchliche Organisationen.
Nach den allgemeinen Grundsätzen des § 97 GWB beschaffen öffentliche Auftraggeber unter anderem Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der §§ 97 ff GWB im öffentlichen Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. Die Bestimmungen der §§ 97 ff GWB gelten nach § 100 GWB nur für Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind (Schwellenwerte). Auf Grund der Ermächtigung des § 127 GWB ist die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV), zuletzt geändert durch Verordnung vom 07.06.2010, erlassen worden. Nach § 1 VgV trifft die Verordnung nähere Bestimmungen über die einzuhaltenden Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, die die in § 2 geregelten Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Die Schwellenwerte betragen für Bauaufträge 4.845.000,00 ?, für Dienstleistungen, die nicht unter den in § 2 Ziff. 1 a Genannten sind, 193.000,00 ?, befristet bis 31.12.2011.
An Vergabe- und Vertragsordnungen stehen zur Verfügung die Vergabe- und Verdingungsordnung für Bauleistungen (allgemeine technische Vertragsbedingungen, VOB/A), für Leistungen (VOL) und für freiberufliche Leistungen (VOF).
Teil A der Bedingungen regelt jeweils die Vergabe von Aufträge durch die öffentliche Hand. Die Vorschriften haben für Aufträge oberhalb der vorgenannten EU-Schwellenwerte Rechtssatzqualität (BGHZ 193, 295/66), haben also die Wirkungen wie ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung (letztere Gesetze im materiellen Sinn). Für diese Aufträge gelten in Umsetzung verschiedener EU-Richtlinien besondere Vorschriften, so insbesondere die bereits genannten §§ 97 ff. GWB.
§ 97 Abs. 7 GWB räumt dem einzelnen Bewerber ein durch die Vergabe beziehungsweise Vergabesenate bei den Oberlandesgerichten nachprüfbaren Anspruch auf Einhaltung der Vorschriften ein. Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbaren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Dritten erzeugen, vgl. BGH, NJW 1994, 850, für den Rechtsschutz bezüglich der Vergabe sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig (BVerwG, NJW 2007, 2275). Folgen bei Verletzung der Vergabevorschriften sind unter Umständen die Unwirksamkeit des Vertrags.
Die öffentlichen Auftraggeber legen den Ausschreibungen regelmäßig die VOB/A zugrunde. Diese ist aber bei Leistungen von Restauratoren nicht anwendbar. Denn die VOB/A betrifft zum einen nur Bauleistungen (§ 1). Zum anderen sind Teilnehmer am Wettbewerb nur gewerbliche Bewerber, also solche, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art befassen, § 6 Abs. 2, Nr. 1 VOB/A.
Die Anwendung der VOB/A auf die Vergabe von freiberuflichen Leistungen der Restauratoren ist daher rechtswidrig.
Nach § 5 VgV ist vielmehr bei der Vergabe von Dienstleistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden sowie bei Auslobungsverfahren, die zu solchen Dienstleistungen führen sollen, die Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), die sich derzeit in der Novellierung befindet, anzuwenden. Die Entwurfsfassungen sind teilweise bereits weit fortgeschritten, vergleiche hierzu auch Ziekow/Nöllink, Vergaberecht, Kommentar, 2011, RdNr. 24 zu § 1 VOB/A.
Unter Dienstleistungen im Sinne der VOF fallen auch Werkleistungen. § 2 Abs. 2, Satz 2 VOF liegen eindeutig und erschöpfend beschriebene freiberufliche Leistungen zugrunde. Allerdings muss die auszuschreibende freiberufliche Leistung, um der VOF zu unterliegen, den in § 2 Nr. 2 VgV geregelten Schwellenwert in Höhe von 193.000,00 ?Euro netto erreichen, anderenfalls hierauf nicht einmal die VOL/A anwendbar ist (§ 1 2. Spiegelstrich), sondern nur die jeweilige landesrechtliche Haushaltsordnung oder die Haushaltsvorschriften der kirchlichen Auftraggeber. Dieser sogenannte EU-Schwellenwert ist zwar für das Jahr 2011 herabgesetzt worden, es wird aber auch in der VOL-Novelle keine Regelungen zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen unterhalb des EU-Schwellenwerts geben.
Eine freiberufliche Leistung kann auch im Rahmen eines Werkvertrags erbracht werden.
In Mischfällen, wenn also der Gegenstand der Leistung nicht eindeutig bestimmbar ist, beurteilt sich die Anwendbarkeit der VOF auf Grund einer ex ante-Betrachtung. Abgestellt wird damit auf die Lage vor erfolgter Ausschreibung bezüglich möglicher Bewerber auf die noch anzubietende freiberufliche Leistung.
Betrachtet man die öffentlichen Vergabevorschriften, kann der freiberufliche Restaurator keine Verträge auf der Ausschreibung nach VOB/A abschließen, denn dann wird er in die gewerbliche Tätigkeit gezwungen. Hiergegen müssen sich die Restauratoren mit Nachdruck und Hilfe ihres Verbandes VDR wehren. Man darf hier keine Befürchtung haben, gegebenenfalls als „Schwarzes Schaf“ verurteilt zu werden, denn im Interesse des Berufsstands, der, wie dargelegt noch gar nicht verbindlich fest umschrieben ist, kann es nicht liegen, über den Weg der Auftragsvergabe nach VOB/A der Freiberuflichkeit verlustig zu gehen, weil der öffentliche Auftraggeber die gewerbliche Tätigkeit verlangt – verlangen muss.
Wird der freiberuflich tätige Restaurator dennoch in ein Ausschreibungsverfahren nach VOB/A gezwungen, stellt dies eine Verletzung der gesetzlichen Vergabevorschriften dar.
Die Wahl der falschen Vergabeordnung ist für Restauratoren regelmäßig mit weiteren Nachteilen verbunden. Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt der Nachprüfung durch die Vergabekammern (§ 102 GWB). Diese entscheiden auf Antrag in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren entsprechend dem Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Kartellbehörde. Dies gilt für Vergaben oberhalb der Schwellenwerte.
Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte ist durch die Zivilgerichte gewährleistet.
Hier müssen die Restauratoren und/oder der VDR gegebenenfalls ein Musterverfahren anstrengen mit dem Ziel der Feststellung, dass der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und geeignete Maßnahmen zu erreichen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern, § 114 Abs. 1, Satz 1 GWB. Allerdings kann ein wirksam erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden.
Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt, § 114 Abs. 3, Satz 1 GWB. Hiergegen ist die sofortige Beschwerde zulässig, § 116 Abs. 1 GWB. Als Frist für die Erhebung des Antrags zur Vergabekammer ist ein Zeitraum von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer zuvor erhobenen Rüge nicht abhelfen zu wollen, bestimmt, § 107 Abs. 1, Ziff. 4 GWB.
Die Restauratoren und der VDR sollten sich nicht scheuen, die zulässigen Rechtsbehelfe beziehungsweise Rechtsmittel nach GWB zu ergreifen, um rechtswidrigen Ausschreibungen zu begegnen. Parallel dazu sollte bei den Novellierungen der Vergabebestimmungen mitgearbeitet werden, um schon hier die Weichen möglichst in die richtige Richtung zu stellen. Ferner ist die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren und das Erscheinen der Restauratoren in der Öffentlichkeit zu verstärken. Die Aufnahme in Verteiler bei Gesetzgebungsorganen, Behörden und Gerichten erscheint dringend erforderlich, damit rechtzeitig eingegriffen und mitgearbeitet werden kann.