Fachtagung des VDR in Wörlitz

Vom 28. bis 30. April 2022 fand die Fachtagung des Verbandes der Restauratoren „Schloss Wörlitz - 20 Jahre Restaurierung des Gründungsbauwerkes des deutschen Klassizismus“ in Wörlitz statt. Die dreitägige Veranstaltung stellte die spannendsten Ergebnisse der Sanierung, Restaurierung und damit einhergehenden Erforschung des Schlosses Wörlitz, eines zwei Jahrzehnte andauernden und kontinuierlich betriebenen Restaurierungsprojektes, vor.

20 Jahre Restaurierung des Gründungsbauwerkes des deutschen Klassizismus

 

Ein Nachbericht von Torsten Nimoth, Sven Taubert und Linda Wenzel

Vom 28. bis 30. April 2022 fand die Fachtagung des Verbandes der Restauratoren „Schloss Wörlitz – 20 Jahre Restaurierung des Gründungsbauwerkes des deutschen Klassizismus“ in Kooperation mit der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt im historischen Gasthof zum Eichenkranz in Wörlitz statt. Die dreitägige Veranstaltung stellte die spannendsten Ergebnisse der Sanierung, Restaurierung und damit einhergehenden Erforschung des Schlosses Wörlitz, eines zwei Jahrzehnte andauernden und kontinuierlich betriebenen Restaurierungsprojektes, vor.

Die Ganzheitlichkeit des Wörlitzer Schlosses ist einzigartig. Die äußere Erscheinung bildet mit dem Interieur eine geistige Einheit, die sich heute noch wie zur Entstehungszeit des Hauses erleben lässt. 1773: Einweihung nach vierjähriger Bauzeit, In den letzten 100 Jahren kaum Eingriffe. (Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2020)
Die Ganzheitlichkeit des Wörlitzer Schlosses ist einzigartig. Die äußere Erscheinung bildet mit dem Interieur eine geistige Einheit, die sich heute noch wie zur Entstehungszeit des Hauses erleben lässt. 1773: Einweihung nach vierjähriger Bauzeit, In den letzten 100 Jahren kaum Eingriffe. (Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2020)
Apoll in der Rotunde, Restaurierungsziel: Wiedergewinnung der bauzeitlichen Raumfassung. Die ursprüngliche Raumfassung war unter Verschmutzungen und Überfassungen in ihrer Farbigkeit und Materialität großflächig erhalten. (R. Hartmannl). Foto: Sven Taubert. 2022
Apoll in der Rotunde, Restaurierungsziel: Wiedergewinnung der bauzeitlichen Raumfassung. Die ursprüngliche Raumfassung war unter Verschmutzungen und Überfassungen in ihrer Farbigkeit und Materialität großflächig erhalten. (R. Hartmannl). Foto: Sven Taubert. 2022

Endlich wieder tagen!

Bei buchstäblichem Bilderbuchwetter versammelten sich rund 120 Teilnehmer:innen im großen Ballsaal des historischen Gasthofes „Zum Eichenkranz“. Nach dem Check-In im Tagungsbüro und einem Begrüßungskaffee eröffneten der Veranstalter und die Vertreter der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz sowie des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt die Tagung mit einleitenden Grußworten.

VDR-Präsident Sven Taubert würdigte in seiner Ansprache den Facettenreichtum der in den Vorträgen behandelten Themen. Vor allem aber sprach er seinen großen Dank aus für die aufwendigen und sorgfältigen Vorbereitungen durch die Kolleg:innen des Tagungsteams und der VDR-Geschäftsstelle, die trotz zweijähriger pandemiebedingter Verschiebungen nichts an Ehrgeiz und Leidenschaft haben fehlen lassen, die Konferenz doch noch in situ durchzuführen.

Denn es war eigentlich auch nicht anders möglich, als die Ergebnisse am Ort des Geschehens selbst angemessen zu präsentieren. Schließlich sollten die kunsttechnologischen Besonderheiten der unterschiedlichsten zum Einsatz gekommenen Materialkombinationen konkret und plastisch vorgestellt, sowie die daran vorgenommenen Konservierungsmaßnahmen beschrieben werden.

Robert Hartmann (li.) und Sven Taubert (re.) bei ihren Grußworten. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Robert Hartmann (li.) und Sven Taubert (re.) bei ihren Grußworten. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Gut bestückter Büchertisch. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Gut bestückter Büchertisch. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Orga-Team vor Ort – freundlich, engagiert und professionell: v.l.n.r.: Angela Walther, Jana Seeger, Julia Cahnbley, Linda Wenzel. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Orga-Team vor Ort – freundlich, engagiert und professionell: v.l.n.r.: Angela Walther, Jana Seeger, Julia Cahnbley, Linda Wenzel. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Erholsame Pausen bei feinem Catering und angeregten Gesprächen. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Erholsame Pausen bei feinem Catering und angeregten Gesprächen. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022

Wie alles begann …

Der Auftakt und die Begrüßung erfolgten am Donnerstag, dem 28. April 2022 ab 14 Uhr durch Robert Hartmann, dem Leiter der Abteilung Baudenkmalpflege bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und Dr. Karoline Danz in Vertretung für die Landeskonservatorin von Sachsen-Anhalt, Dr. Elisabeth Rüber-Schütte. Mit dem ersten Vortragsblock wurde auf das Objekt eingestimmt, wobei zuerst Architekt Gottfried Hein die bauliche Situation und die Maßnahmen anschaulich beschrieb. Im Anschluss trug Robert Hartmann einen Vortrag von Annette Scholtka vor, der ehemaligen Leiterin der Baudenkmalpflege der Kulturstiftung. Thema war die 20 Jahre dauernde Restaurierung von Schloss Wörlitz aus denkmalpflegerischer Sicht. Annette Scholtka hat dieses Projekt von Anfang bis Ende begleitet. Sie ist auch wichtige Initiatorin der Konferenz, wofür ihr an dieser Stelle die Restaurator:innen des VDR sehr danken. Restaurator Lars Schellhase berichtete aus der Bauforschung zum Schloss Wörlitz über die besonderen Entdeckungen dabei.

Robert Hartmann, Leiter der Abteilung Baudenkmalpflege. Foto: Sven Taubert, 2022.
Robert Hartmann, Leiter der Abteilung Baudenkmalpflege. Foto: Sven Taubert, 2022.
Ein volles Auditorium ist der Lohn anstrengender Vorbereitungen. Foto: Sven Taubert. 2022

Zahlreiche Themen …

Der Freitag war ganztägig durch spannende und informative Vorträge zu den einzelnen Räumen, speziellen Aktionen und Maßnahmen mit einer unglaublichen Materialvielfalt erfüllt und trotz schönstem Wetter blieben alle bis 19 Uhr bei den spannenden Vorträgen – ein Ausdruck größten Kompliments an die Referent:innen.

Den Beginn der Vorträge machte Albrecht Körber (u. a. in Vertretung für seinen Vater Joachim Körber) mit zwei Vorträgen zur Wiedergewinnung der Raumfassungen der sog. Albertsuite und des Festsaals.
Der Vortrag von Christian Kirsten behandelte die “Grünen Kammern” mit der dortigen Konservierung und Restaurierung der verschiedenen Oberflächen und zeigte somit die Materialvielfalt im Schloss auf.
Dem spannenden Thema zum Stuckmarmor widmete sich der Vortrag von Marko Hersel nicht nur aus restaurierungspraktischer Sicht, sondern auch mit didaktischen Exkursen zur Herstellungstechnologie und der Geschichte von Stuckmarmor.

Dem Thema der restauratorischen Bearbeitung und Erforschung der im Schloss erhaltenen Möbel aus der namhaften Werkstatt von Abraham und David Roentgen in Neuwied widmete sich Prof. Hans Michaelsen. In einem zweiten Vortrag Michaelsens hingegen standen die  »Lackierung auf Mahagony-Art« sowie Untersuchungen zur Oberflächenbehandlung der Birnbaumsitzmöbel im Fokus der Betrachtung.
Die Möbelgruppen und deren Gestaltungen sowie Veränderungen des “ersten Eck- und Langzimmers” stellte Kirsten Lauterwald vor.
Den Polstermöbeln und vor allem den dort verwendeten Textilien galt der Vortrag von Anke Weidner, die dabei auf die starken Veränderungen und den teilweisen Austausch der Bezugstoffe einging.
Weiter ging es thematisch um Befunde und deren Interpretation bei der Restaurierung der Polsterungen der klassizistischen Möbel des Schlosses durch Reinhardt Roßberg.

Ein besonderes Augenmerk verdienten die zwei “chinesischen Zimmer” im Schloss mit ihrer bedeutenden Gestaltung durch den Vortrag von Robert Hartmann (Ausarbeitung Vortrag: Annette Scholtka).
Auf die problematische Konservierung von auf die Wände tapezierten Kupferstichen im Schloss ging Cordula Teuffert ein.
Ein Team aus drei Dresdner Restauratorinnen – Evelyn Adler, Katja Matauschek, Stephanie Hilden – stellte die Bearbeitung der Gemälde aus dem “Schlafzimmer des Fürsten” und dem zweiten Langzimmer” vor.
Die sehr komplexe und aufwendige Restaurierung des Plafondbildes im Festsaal schilderte Thoralf Herschel in seinem spannenden Arbeitsbericht. Das Deckenbild wurde durch ihn und sein Team erstmals seit seiner Entstehung ausgebaut und restauriert.

Die Referenten v. l. n. r.: Albrecht Körber, Kirsten Lauterwald, Reinhardt Roßberg, Marko Hersel, Sven Taubert, Anke Grit Weidner, Thoralf Herschel, Stephanie Hilden, Hans Michaelsen, Evelyn Adler, Robert Hartmann, Christian Kirsten, Katja Matauschek, Cordula Teuffert, Gottfried Hein, Lars Schellhase. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022
Die Referenten v. l. n. r.: Albrecht Körber, Kirsten Lauterwald, Reinhardt Roßberg, Marko Hersel, Sven Taubert, Anke Grit Weidner, Thoralf Herschel, Stephanie Hilden, Hans Michaelsen, Evelyn Adler, Robert Hartmann, Christian Kirsten, Katja Matauschek, Cordula Teuffert, Gottfried Hein, Lars Schellhase. Foto: Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. 2022

Schlossluft schnuppern …

An den zwei Abenden gab es jeweils sehr gemütliche Zusammenkünfte im Hotel „Zum Stein“ mit einem regen persönlichen und fachlichen Austausch.
So blieb endlich am Samstag, dem 30. April 2022 die Möglichkeit zur Besichtigung von Schloss Wörlitz. Mit großer Vorausschau hatten die Organisator:innen die Teilnehmer in mehreren Gruppen aufgeteilt und führten diese dann auf separaten Touren durch das Schloss.

Bestes Wetter, gute Laune und ungeduldige Vorfreude auf den Schlossrundgang in mehreren Durchgängen: Chefarchitekt Gottfried Hein (li.) kann zufrieden und auch stolz auf sein Lebenswerk blicken. Foto: Sven Taubert, 2022.
Feinteilige klassizistische Stuckrosette nach der Restaurierung. Foto: Sven Taubert, 2022.
Klassizistisches Interieur mit Mobiliar des Leipziger Möbeltischlers F. G. Hoffmann nach der Restaurierung. Foto: Sven Taubert, 2022.
Stuhl des Leipziger Möbeltischlers F. G. Hoffmann nach der Restaurierung mit seltenem schwarzen Roßhaar-Bezug. Foto: Sven Taubert, 2022.
Klassizistisches Interieur nach der Restaurierung. Foto: Sven Taubert, 2022.
Klassizistische Deckenrosetten - illusionistische gemalt - nach der Restaurierung. Foto: Sven Taubert, 2022.
Spätbarocke Porzellan-Figurine auf Etagere in der Schlossküche. Foto: Sven Taubert, 2022.
sog. 1. Chinesisches Zimmer: Restaurierter Deckenplafond. Foto: Sven Taubert, 2022.
Vogelmotiv aus dem sog. 1. Chinesischen Zimmer: Maßgeblich für diesen Raum war die Restaurierung von sieben Papiertapeten und zwei Supraporten aus dem Jahr 1773. Sie wurden demontiert und zur Restaurierung ins Atelier gebracht. Dort mussten sie von alten Leinwandkaschierungen und hinterklebten Pappen befreit werden. Nach einer aufwendigen Bearbeitung konnte der Wiedereinbau auf einer Rahmenkonstruktion mit Japanpapierkaschierung (Karibari) und mit einer reversiblen Befestigung wieder montiert werden (R. Hartmann). Foto: Sven Taubert, 2022.
Besondere Aufmerksamkeit gehört den restaurierten Kupferstichen. Foto: Sven Taubert, 2022.
Besondere Aufmerksamkeit gehört den restaurierten Kupferstichen mit ihren replizierten Bordüren. Foto: Sven Taubert, 2022.
Fürstliches Schlafzimmer. Foto: Sven Taubert, 2022.
Restaurierte Wandmalerei: antikisierende Kartusche. Foto: Sven Taubert, 2022.
Fürstliches Schlafzimmer mit Wandbett. Foto: Sven Taubert, 2022.
Bauhaus oder doch Klassizismus? - Modern und fast zeitlos präsentiert sich noch heute an altem Ort die historische, nun restaurierte Schlossküche. Foto: Sven Taubert, 2022.
Bauhaus oder doch Klassizismus? - Modern und fast zeitlos präsentiert sich noch heute an altem Ort die historische, nun restaurierte Schlossküche. Foto: Sven Taubert, 2022.

Ein weiteres Angebot zum endgültigen Abschluss der Veranstaltung war später noch die Besichtigung der sog. Domäne – einem musterhaft errichteten Wirtschaftshof.

Wir möchten uns bei allen Beteiligten noch einmal herzlich für die sehr gelungene Konferenz und erlebnisreiche, wunderbare Tage im Dessau-Wörlitzer Gartenreich bedanken.

Wörlitz war eine Reise wert!

Teilnehmer der Wörlitzer Tagung am letzten Tag mit Schloss-Begehung. Foto: Stiftung Gartenreich Dessau-Wörlitz, 2022
Teilnehmer der Wörlitzer Tagung am letzten Tag mit Schloss-Begehung. Foto: Stiftung Gartenreich Dessau-Wörlitz, 2022

Besonderer Dank geht an die Kulturstiftung Gartenreich Dessau-Wörlitz, die die Tagung in Wörlitz möglich gemacht hat.

Logo Stiftung Wörlitz

Gefördert wurde die Veranstaltung von mobile – Gesellschaft der Freunde von Möbel- und Raumkunst e. V. – mit einer Kostenbeteiligung an den Spesen der Referent:innen und dem Druck der Tagungsbroschüre. Auch zwei Restauratoren haben die Tagung mit ihrem Sponsoring untertützt. Hierfür bedanken wir uns nochmals recht herzlich. Ebenso gilt unser Dank unserem Kooperationspartner, dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

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Dresden, im Mai 2022