Die alleinige Verwendung BEMMA-zertifizierter Vitrinenbaumaterialien ist kein Allheilmittel zum Schutz von Exponaten, sagt unser Fördermitglied REIER. Im Wissen, dass sich selbst bei einem Einsatz von zu 100 Prozent emissionsfreien Materialien (Theorie) auch dichte Vitrinen mit Schadstoffen anreichern, befasste sich REIER in einem internen Forschungsprojekt mit diesem Thema. Als Resultat entstand eine neue Filterbox, die Schadstoffe und Emissionen aus Vitrinen eliminiert und sich aufgrund ihrer geringen Größe in nahezu jeder Vitrine nachrüsten lässt.
Im nachfolgenden Artikel informiert Volker Reier zu Details des internen Forschungsprojektes und der Erprobung der Filtergeräte in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Weitere Informationen zur Filterbox sind zu finden unter www.reier.de/Innovationen.
Filterbox für Vitrinen
Optimaler Schutz für einzigartige Exponate
von Volker Reier
Museen, Ausstellungshäuser und andere kulturbewahrende Einrichtungen verfügen über bedeutende Kunst- und Kulturgüter von teilweise unschätzbarem Wert. Zu ihrem Schutz werden viele dieser Exponate in Vitrinen präsentiert. Aber auch dort sind sie einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt. Dazu gehören Parameter wie Temperatur, Licht und relative Feuchtigkeit, aber auch Emissionen aus:
- den Vitrinenbaumaterialien,
- den Exponaten,
- den Museumsräumen,
- und den Einträgen von außen.
Je nach Dichtheit der Vitrinen, selbst wenn sie zu 100 % aus emissionsfreien Materialien herstellbar wären (Theorie), reichern sie sich mit Schadstoffen an. Emissionen gelangen in diese Vitrinen aus den Baumaterialien selbst, aus den Museumsräumen und gegebenenfalls auch aus den Exponaten.
So wird die Vitrine selbst zur Gefahr für das Kunst- und Kulturgut.
Im Rahmen eines Modellprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) zur Entwicklung und modellhaften Anwendung einer innovativen multiparametrischen Sensoriklösung wird festgestellt:
„Die Gefährdung von Kunst- und Kulturgut durch schädigende, maßgeblich anthropogene Umgebungseinflüsse ist kein neues Phänomen, rückt jedoch aufgrund vermehrt bekannt gewordener Schadensphänomene verstärkt in das Bewusstsein von Entscheidungsträgern wie Restauratoren, Kuratoren und Architekten, die mit der Konzeption und Realisierung von
Ausstellungen betraut sind.
Der präventive, also vorbeugende Schutz des national wertvollen Kunst- und Kulturgutes vor unerwünschten anthropogenen Einflüssen kann aber nur über eine möglichst frühzeitige Erkennung der Fremdstofflast erfolgen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass eine objektspezifische und eng getaktete Überwachung der Objekte in den Ausstellungsvitrinen
oder geschlossenen Aufbewahrungsorten erforderlich ist.“ [1]
Die langjährigen Forschungen der Vitrinen- und Glasbau REIER GmbH auf diesem Gebiet und die Messungen verschiedenster Vitrinenbaumaterialien, insbesondere der Dichtstoffe, mit dem Photoionisationsdetektor (PID) ppbRAE3000 haben zu der Erkenntnis geführt, dass Vitrinen grundsätzlich mit einer aktiven oder passiven Luft- und Schadstofffilterung ausgestattet oder auch nachgerüstet werden sollten.
Zu diesem Zweck hat REIER Filtergeräte entwickelt (Abbildung 1), die sowohl sichtbar auf dem Einlegeboden von Vitrinen wie auch unsichtbar unter diesem angeordnet werden können (www.reier.de/Innovationen). Sie sind preiswert sowie einfach zu handhaben und vereinen ein schlichtes Design mit einem praxisorientierten Aufbau zur werkzeuglosen
Wartung.
Versuche ergaben, dass innerhalb von Tagen die VOC-Werte in Vitrinen um 90-95% reduziert werden konnten (Abbildung 2).
Dazu wurden die Gesamt-VOC in zwei baugleichen Vitrinen an identischem Aufstellort mit dem Photoionisationsdetektor (PID) ppbRAE3000 gemessen, wobei nur eine der beiden Vitrinen mit einem Filtergerät ausgestattet war. Für die mit Filtergerät ausgerüstete Vitrine zeigt sich im Gegensatz zur ungefilterten Vitrine ein deutlicher und schnell eintretender Abfall der VOC-Belastung binnen der ersten zwei Tage, die sich in den Folgetagen stetig weiter reduziert und auf einem minimalen Wert einpegelt. In weiteren Versuchen wurde auch der Wert 0 µg/m³ Luft erreicht.
Werden Filtergeräte abgeschaltet, so steigen die VOC-Werte in Vitrinen wieder stark an (Abbildung 3).
Bei ungefilterten Vitrinen bleiben die Emissionen über lange Zeiträume weitgehend konstant hoch (Abbildung 4).
In der Ausstellung „Weltsicht und Wissen um 1600“ der Rüstkammer im Residenzschloss Dresden, das zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehört, wurden die Filterboxen FB 100 A erfolgreich einer Langzeiterprobung in zwei Vitrinen unterzogen. Die Ergebnisse zeigt das Diagramm in der Abbildung 5.
Die objektspezifische, eng getaktete Überwachung der Luftqualität in Vitrinen und Räumen mittels Probeentnahmen und Bestimmung im Prüfkammerverfahren ist zeitlich und finanziell aufwendig.
Alternativ dazu bietet REIER als Dienstleistung die kostengünstige Messung der VOC-Summenwerte mit dem bereits genannten PID-Messgerät an (Messgenauigkeit ±1 ppb ≙ ±2,3 µg) (Abbildung 6). Mit diesem können an einem Tag 20 – 30 Vitrinen sowie mehrere Räume messtechnisch erfasst und ausgewertet werden.
Mit diesem Monitoring (möglichst 2 x jährlich) und der ggf. erforderlichen Nachrüstung von Vitrinen mit Filtergeräten und / oder passiv wirkenden Filtermaterialien erhält der Auftraggeber regelmäßig einen Überblick über die Luftqualität in den Vitrinen und Räumen sowie zur Wirksamkeit der Filtergeräte und Filtermaterialien.
Die Kontrolle der Umgebung, in der die wertvollen Kunst- und Kulturgüter präsentiert und auch gelagert werden, sowie der vorbeugende Einsatz von aktiven und auch passiven Filtern reduziert die Notwendigkeit für intensive Konservierungen und spart somit Kosten. Gleichzeitig ist das ein Beitrag zur Einhaltung einer der fundamentalen ethischen ICOM-Richtlinien zum Kulturschutz, das Bewahren und Erhalten von schützenswerten Sammlungsobjekten.
Anmerkungen:
[1] „iAIR – Lab-on-Chip VOC-Sensorik” Modellprojekt zur Entwicklung und modellhaften Anwendung einer innovativen multiparametrischen Sensoriklösung…“ Abschlussbericht AZ 34671/01 vom 13. Januar 2021
Über das Unternehmen REIER:
Das Unternehmen Vitrinen- und Glasbau REIER GmbH wurde 1988 im sächsischen Lauta durch Volker Reier als Einzelunternehmen gegründet. Es ist heute ein innovativer mittelständischer Betrieb mit 80 Fachkräften, gehört zu den wenigen hoch spezialisierten Herstellern von Museumseinrichtungen und Vitrinentechnik weltweit und ist zertifiziert nach ISO 9001. Im Hinblick auf die Schadstofffilterung bietet REIER folgende Leistungen an:
- ein- oder zweimalige jährliche Emissionsmessungen mit schriftlicher Auswertung und Empfehlungen zu Filtermethoden/-möglichkeiten
- Filtergeräte, ggf. Nachrüstung und Umbau von Vitrinen
- Weitere Leistungen, wie Dichtheitsmessungen und ggf. daraus abgeleitete Wartungs-/Reparaturarbeiten