Die Interessengruppe Selbstständige Freiberufler (IGSF) des VDR bietet seit einigen Jahren wiederkehrend ein Seminar zum Thema „Rund ums Vergaberecht“ an. Nachdem die letzte Veranstaltung 2021 pandemiebedingt nicht stattfinden konnte, trafen sich am 12.02.2022 insgesamt 68 Teilnehmer:innen zu einem Online-Seminar wieder. Das Publikum bestand zu großen Teilen aus selbstständigen Restaurator:innen – aber auch Angestellte im öffentlichen Dienst und Studierende gehörten zu den Zuhörer:innen.
Die Fachanwälte für Bau-, Architekten- und Vergaberecht Christian D. Esch, LL.M. und Dr. Michael Kleiber aus Hamburg referierten zu den wichtigsten Themen rund um das Vergaberecht und machten gleich zu Anfang deutlich, dass Vergabeverfahren auf den ersten Blick besonders eines sein können: Chaotisch.
Bevor die wichtigsten Fragen sowie die „Do‘s & Don’ts“ näher erörtert wurden, erklärten die beiden Fachanwälte im ersten Block zunächst wichtige Begriffe und Systematiken: Die Ober- und Unterschwellenvergabe sowie der Unterschied zwischen Dienst- und Bauleistungen wurden zunächst allgemein thematisiert. Die für uns Restaurator:innen relevanten Auftraggeber:innen (institutionelle, funktionale und private Auftraggeber:innen) sind definiert worden und auch die Sonderthemen Fördermittelempfänger:innen und Rahmenvereinbarungen wurden angesprochen. An diesem Punkt sind im Chatbereich des virtuellen Seminarraums bereits zahlreiche Fragen gestellt worden, die durch die Moderation (Christiane Maier und Stephanie Silligmann) gesammelt und an passender Stelle an die Referent:innen herangetragen wurden. Es war schön zu sehen, dass eine aktive Beteiligung möglich war und den Teilnehmer:innen ihre allgemeinen und teils spezifischen Fragen beantwortet wurden, obwohl aufgrund der aktuellen Lage keine Präsenzveranstaltung stattfinden konnte.
Weiterführend wurden die Anwendungsvoraussetzungen eingehend besprochen. Unter anderem die Frage wie Restaurierungsleistungen einzuordnen sind und welche Vergabeverfahren für Bauleistungen bzw. freiberufliche Dienstleistungen angewendet werden (müssten), beschäftigte die Teilnehmer:innen. Nicht nur der Seite der Vergabestelle, sondern auch den Bieter:innen wurden ihre Möglichkeiten und Werkzeuge zum Umgang mit fehlerhaften Vergabeverfahren und bei Unklarheiten aufgezeigt. Die Details und der konkrete Ablauf der verschiedenen Verfahrensarten oberhalb und unterhalb der EU-Schwellenwerte wurden durch die beiden Fachanwälte im Anschluss eingehend erläutert. Sie erklärten die Grundlagen für die Erstellung von Vergabeunterlagen, den Unterschied zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien, in welchem Fall Nebenangebote zulässig sind und vieles mehr. Dabei unterlegten sie ihre Erläuterungen stets mit Beispielen aus der Welt der Restaurierung und Denkmalpflege und/oder aus der Rechtsprechung. Als aktueller Bezug wurde auch die Pandemie- und konjunkturbedingte Anhebung der Wertgrenzen im Unterschwellenbereich thematisiert.
Herr Esch und Herr Dr. Kleiber sprachen während ihrer Präsentation nicht nur Anfänger:innen und Berufseinsteiger:innen an, sondern vertieften bestimmte Themen auf Nachfrage aus dem Publikum, sodass auch diejenigen, die bereits ihre Erfahrungen mit Vergabeverfahren gemacht haben, ausgiebig profitierten.
Am Ende des Seminars gab es noch einmal die Möglichkeit Fragen zu stellen. Teils sehr konkrete Fragen aus der eigenen Berufspraxis vieler Kolleg:innen konnten zum großen Teil beantwortet werden. Schlussendlich war festzuhalten, dass ein Vergabeverfahren auch immer ein Dialog sein soll und unterm Strich dazu dient einen transparenten und fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Diese Sicht auf zunächst kompliziert erscheinende Ausschreibungen und die Beantwortung meiner Fragen führte dazu, dass ich persönlich an Sicherheit dazugewonnen habe und mich darauf freue mit dem neu Erlernten als Bieterin an die nächste Ausschreibung heranzugehen.
Danah Weßling, Hamburg